Eine Flucht über's Meer: Drama auf kleinstem Raum
08.04.2013

„Im Senegal hat sich eigentlich aus jeder Familie jemand mit einem Boot auf den Weg gemacht, um sein Glück in Europa zu suchen“, sagt der Regisseur Moussa Touré über die Entstehung seines Films. „La Pirogue“ erzählt von dem Fischer Baye Laye, der sich widerwillig als Kapitän anheuern lässt, um eine Gruppe von Migranten über den Atlantik zu den Kanarischen Inseln zu bringen. In einem schlichten Motorboot, das eigentlich für den Fischfang in Küstengewässern gebaut ist, mit einem Minimum an Ausrüstung und Know-how. An Bord befinden sich dreißig Männer unterschiedlicher Herkunft, die sich
kaum verständigen können, darunter auch der Schlepper Lansana und Baye Layes jüngerer Bruder Abou.

Sie alle haben teuer bezahlt für die Überfahrt. Sie alle haben Pläne, träumen von Karrieren als Fußballer und Musiker oder einfach nur davon, auf einer spanischen Gemüseplantage ein vernünftiges Auskommen zu finden. Und sie haben Angst. Aber nur Baye Laye kann sich vorstellen, was wirklich auf die Piroge zukommt.

[Video:http://www.youtube.com/watch?v=TYPBGPFYR18]

2006, auf dem Höhepunkt einer neueren Migrationswelle, erreichten 32.000 Flüchtlinge unter Führung senegalesischer Fischer die Kanaren. Über 1000 Migranten sind in diesem Jahr ertrunken, Tausende gelten als vermisst. „La Pirogue“ erhellt in klaren, eindrucksvollen, doch nie reißerischen Bildern, was hinter diesen Zahlen steckt. Man erfährt viel in diesem Film: Über die Beziehungen zwischen Auswanderern und Zurückgebliebenen, über die keineswegs
irrationale Ökonomie der Migration, die auch Geld ins Heimatland zurückspült, über die Vorstellungen, die die Migranten von ihrem künftigen Leben haben.

Und man spürt, was es heißt, auf die einfachsten Dinge zurückgeworfen zu sein: Wie reagieren, wenn Wasser und Benzin knapp werden, wie schlafen auf einer schmalen Holzpritsche, wie Mensch bleiben, wenn sich alles aufs schiere Überleben reduziert? Auf kleinstem Raum entfaltet „La Pirogue“ ein großes Drama: das von Millionen Menschen, die in unserer Welt ungleich verteilter Güter um Lebenschancen kämpfen.

Produktion: Les Chauves-Souris, Astou Films, Frankreich, Senegal, Deutschland 2012; Regie: Moussa Touré; Drehbuch: Abasse Ndione, David Bouchet, Eric Nevé; Kamera: Thomas Letellier; Schnitt: Josie Miljevic; Darsteller: Souleymane Seye Ndiaye (Baye Laye), Mahamine Drame (Abou), Laïty Fall (Lansana) u.a.; Format: DCP, 87 Min.;  Preise: Bester internationaler Film, Filmfest München; Kinostart: 18. April 2013.

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