In die Vergangenheit soll man nur am Gummiseil springen. Das ist einer der Sätze, die Jolie abends in ihr Arbeitsjournal schreibt. Jolie, die Schneiderin, die sich nach ihrer erwachsenen Tochter sehnt, während sie Hosen kürzt und Säume auslässt, die samstags pflichtschuldig ihre demente Mutter im Pflegeheim besucht und ein großes Familienfest plant zum 80. Geburtstag ihrer Eltern. Da sollen alle kommen, alle Geschwister, bis auf Franz natürlich, der ertrunken ist, als er 17 war. Aber was, wenn er gar nicht ertrunken wäre? Jolie zieht aus ihrer reichen Fantasie hier und dort einen Faden, um daraus Geschichten zu nähen, die durchaus stimmen könnten. Oder Lügen, die durchaus auffliegen könnten. Komisch, melancholisch, fein.
Angelika Waldis: Die geheimen Leben der Schneiderin. Europa Verlag, 18 €
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