Brillen für arme Menschen

Das Pling im Kopf
Das Projekt - EinDollarBrille  e. V.

Roland Bilger

Kannst du so besser lesen? Oder so? Sehtest in einer Schule in Burkina Faso

Das Projekt - EinDollarBrille e. V.

Ein paar Wochen im Keller und Martin Aufmuth erfand die günstigste Sehhilfe der Welt: die EinDollarBrille

Martin Aufmuth ist ein bescheidener Mann. Aber ein bisschen Stolz ist dem 45-jährigen Allgäuer schon anzusehen, als er den unscheinbaren Holzkasten auf den Tisch stellt und sagt: "Damit kann man in einem Jahr 50 000 Brillen herstellen." In der Box, 30 Zentimeter breit und hoch, ist seine Erfindung: Ein Gerät, mit dem man aus Draht Brillenfassungen formt, nur mit den Händen, ohne Strom. Aufmuth macht es vor, schiebt einen festen Draht nach und nach durch vorgestanzte Löcher und bewegt dazu einen Hebel. Bunte Punkte zeigen die Richtungen an. Zwischendurch steckt er zwei bunte Perlen und drei kurze Plastikschläuche an den Draht, am Ende drückt er mit einem kleinen Klick geschliffene Kunststoffgläser in die Fassung. Das Ganze dauert etwa 20 Minuten.

800 Millionen bräuchten eine Sehhilfe

Aufmuth ist kein Optiker. Er machte eine Ausbildung zum Radio- und Fernsehmechaniker, studierte Mathematik und Physik, unterrichtete in Erlangen an einer Realschule. Vor allem aber lässt er nicht locker in Sachen Weltverbesserung. 2007 eine Spendenaktion gegen den Hunger, 2009 einen bundesweiten Klimaschutzwett­bewerb für Kinder und Jugendliche und 2012 dann sein bislang größtes Projekt: die EinDollarBrille, benannt nach der Höhe der Materialkosten, etwa ein US-Dollar.

Hanna Lucassen

Hanna Lucassen ergründet das Miteinander. Sie war Krankenschwester, studierte Soziologie, arbeitet heute als freie Journalistin in Frankfurt und leitet ein diakonisches Projekt gegen Einsamkeit im Alter. In chrismon bloggte sie unter dem Titel Pflegeleicht. Für den Fastenkalender von 7 Wochen Ohne sucht sie nach schönen Texten.
Lena UphoffPortrait Hanna Lucassen, Redaktion chrismon, Redaktions-Portraits Maerz 2017

Laut WHO gibt es mehr als 800 Millionen Menschen, die Sehhilfen bräuchten, sich diese aber nicht leisten können. Die Folgen: Kinder können nicht lesen, was der Lehrer an die Tafel schreibt, schaffen keinen Abschluss, Erwachsene lernen keinen Beruf, können ihre Familien nicht ernähren. "Ich dachte, da muss man doch was tun können", sagt Aufmuth. Er habe monatelang getüftelt, im Keller mit Materialien experimentiert.

Ebenso wichtig: die Biegemaschine 

Die Brille aber war nur der Erfindung erster Teil. ­Ebenso lange arbeitete Aufmuth an einer sogenannten ­Biegemaschine. "Anfangs sind mir die Knöpfe, um die sich der Draht spannt, ständig abgebrochen. Ich habe das Pling immer noch im Kopf." Mittlerweile sind die Holzkisten in acht Ländern unterwegs, darunter Bolivien und Ma­lawi. Aufmuths Organisation schult die Menschen vor Ort in der Herstellung und im Vertrieb der Brillen. Bislang seien so über 220 Arbeitsplätze entstanden. Weil es vielerorts zu wenige augenoptische Fachkräfte gibt, entwickelte der Verein außerdem eine einjährige Ausbildung: Die Absolventen können Sehstärken messen und Brillen anpassen. Wenn sie für die Sehtests in Dörfer oder Schulen fahren, bringen sie viele Fassungen und geschliffene Gläser mit, die sie nur zusammenstecken müssen. So können sie den Leuten gleich eine Brille mit nach Hause geben. Aufmuths Ziel: "Alle Menschen haben die Möglichkeit, in ihrem Umfeld bezahlbare, hochwertige und individuell angepasste Brillen zu kaufen."

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EinDollarBrille e.V.
Obere Karlstraße 29
91054 Erlangen
Tel.: 09131 913 9431
info@onedollarglasses.org
www.eindollarbrille.de​​​​​​

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IBAN: DE56 7635 0000 0060 0444 15
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