Lernen von der Diakonie: Asperger bei Kindern [1]
Sandra Schildwächter
Sozialarbeiter Christian Raimund arbeitet im Kompetenzzentrum Autismus der Bad Kreuznacher Diakonie
Lernen von der Diakonie - Ein Kind unter Kindern
Der Sohn möchte zum 9. Geburtstag alle Jungs der Klasse einladen – bis auf einen. Dem sei das eh egal, er habe Asperger und interessiere sich nicht für andere . . .
Christian Raimund: Das sieht Ihr Sohn falsch. Menschen mit dem Asperger-Syndrom wünschen sich genau wie andere Freundschaften und soziale Kontakte. Dem Jungen tut es wahrscheinlich weh, außen vor zu stehen, wenn alle anderen sich auf die Feier freuen.
Aber er geht wohl nie mit, auch wenn er gefragt wird.
Kinder wie er sind in einem Zwiespalt. Sie wollen dazugehören, sind aber mit Gleichaltrigen schnell überfordert. Sie können schlecht mit Unvorhergesehenem umgehen und spontan reagieren. Oft halten sie sich deshalb eher an Erwachsene. Die sind berechenbarer, da fühlen sie sich sicherer. Aber eigentlich möchten sie ein Kind unter Kindern sein.
Also einladen. Zum Geburtstag gehen wir in die Soccer Hall.
Eine Halle, in der mehrere Kindergruppen Fußball spielen? Oh je . . . Bei Menschen mit Asperger kommen Reize verstärkt an. Geschrei, Schweißgeruch, rennende Gestalten, vielleicht noch Musik – das prasselt dann alles auf ihn ein.
Christian Raimund
Und nun?
Suchen Sie eine Teillösung. Vielleicht gibt es noch zu Hause Geburtstagskuchen, und der Junge kommt dahin? Oder Ihr Sohn lädt ihn mal in kleiner Runde ein. Vielleicht sagt er auch da ab, aber er fühlt sich immerhin willkommen.
Es heißt, er würde stundenlang nur von Vogelarten erzählen.
Asperger-Autisten sind oft begeistert von einem Spezialthema. Sie können aber nicht erkennen, wenn es anderen reicht. Sie haben in der Regel Schwierigkeiten, die Gedanken und Motive anderer zu erfassen. Was es bedeutet, wenn jemand den Mund schmerzhaft verzieht oder lächelt, müssen sie lernen wie eine Fremdsprache.
Was können die Jungs denn machen, dass es für beide nett ist?
Der Sohn könnte ein Gesellschaftsspiel aussuchen, und Sie überlegen sich zusammen den Ablauf des Nachmittages so detailliert wie möglich, etwa: 15 Uhr Schokokuchen und Fanta, 15:30 über Vögel sprechen, 15:45 Monopoly spielen . . . Klingt erst mal ungewöhnlich, aber dem Klassenkameraden hilft es, wenn er sich auf alles einstellen kann. Und vielleicht tut es Ihnen und Ihrem Sohn ja auch gut?