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Ursula Ott erledigt Academy [1]

Flöten, Fahren, Fleisch grillen – akademisch?
Ob Grillen, Flötespielen oder Autofahren - alles wird heute in academys gelehrt.

Bei einer Radtour durch den Taunus 
fuhr ich an drei verschiedenen ­Schildern vorbei, auf denen "­Academy" stand. Hä? Ich kannte Kronberg, Oberursel und Mammolshain bislang nur aus Nele-Neuhaus-Krimis. 
Da geht’s immer um viel Geld und ­gemeingefährliche Kindermörder. 
Der Taunus als Hochburg akademischer Bildung?

Ursula Ott

Ursula Ott ist Chefredakteurin von chrismon und Chefredakteurin von evangelisch.de. Sie studierte Diplom-Journalistik in München und Paris und besuchte die Deutsche Journalistenschule in München. Sie arbeitete als Gerichtsreporterin bei der "Frankfurter Rundschau", als Redakteurin bei "Emma", als Autorin und Kolumnistin bei der "Woche", bei der "Brigitte" und bei "Sonntag aktuell" sowie als freie Autorin für Radio und Fernsehen.
[2]Foto: Lena UphoffUrsula Ott, chrismon Chefredakteurin

Zu Hause guckte ich nach. Die ­eine Academy ist eine Fahrschule. Die ­zweite ein Institut zur Förderung 
außergewöhnlicher Musiktalente – 
okay, die lassen wir durchgehen. Die dritte Academy bietet Grillkurse an. Seinen Abschluss als Grill­meister erwirbt man, indem man ein Semester lang den Deckel­lüfter öffnet, die glühenden Briketts über den Holzkohlerost verteilt und das Grillgut gleich­mäßig verteilt.

Eine Academy oder auch eine Akademie kann jeder aufmachen, der Begriff ist ge­setzlich nicht geschützt. Klingt aber wichtig. Nach Wissenschaft und Kunst, nach griechischer Antike – "Akademeia" bezeichnet eine "gelehrte Gesellschaft", die älteste Akademie war das von Ptolemaios II. geschaffene ­Museum in Alexandria. Das muss man nicht wissen, ich habe es von Wikipedia – aber ich merke: Wenn ich beim Vorbeiradeln nur ­gelesen ­hätte: "So grillen Sie Schweinekoteletts" – es wäre mir nicht aufgefallen.

Vorfahrts­regeln und Anfahren am Berg 
übt man in einer Fahrschule

Viele Berufe erleben eine echte Aka­demisierung. Hebammen, Erzieherinnen, Physiotherapeuten – sie alle sollen jetzt ­studieren. Wie sinnvoll das ist, wäre ­eine ­Debatte an anderer Stelle wert. Aber Vorfahrts­regeln und Anfahren am Berg 
übt man in einer Fahrschule. Punkt. Und Haare schneiden in der Berufsschule. All ­diese Friseur-, Fahr- und sonstigen Academys sind Wichtigtuerei. Und übrigens ein sehr westdeutsches Phänomen.

Neulich bin ich in Brandenburg geradelt, rund um den wunderschönen ­Ort Zechlin, da war nichts mit albernen Anglizismen. So viele Dinge sind noch anders im Westen und im Osten. Ich bin sehr froh, dass meine Kolleginnen Anne Buhrfeind bzw. Dorothea Heintze (chrismon) und Dominique Bielmeier ("Sächsische Zeitung") ihren Ost-West-Blog [3] wieder aufgenommen haben. Lernste was. Nu.

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