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#Integration: Deutschkurse für Flüchtlinge [1]

Die Flüchtlinge müssen schnell in die Kurse!
Viele Flüchtlinge, die zu uns kommen, können kaum lesen und schreiben. Darum kann sich Dagmar Gdanitz nicht auch noch kümmern
Juni 2016
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Illustration: chrismon Grafik

Schaffen wir das? [2]

Die Flüchtlinge sind da – eine Welle, sagen manche, eine Flut. Aber wir sind darin nicht untergegangen. Wir wollten ganz praktisch wissen, was wir tun müssen, damit wir hier alle gut leben können. Acht Experten haben uns in chrismon 06/2016 geantwortet. [2] Sozialpsychologen, Ethnologen, Immobilienwirtschaftler. Alle haben Ideen.

Dagmar Gdanitz [3]

Ja! Wenn wir ihnen den Spaß an der Sprache vermitteln. Die meisten Menschen in meinen Kursen wollen den Deutschtest für Zuwanderer bestehen, den DTZ. Das klingt nach Grammatik, Wortschatz und nach Lehrbuch. Wenn ich mit ihnen rausgehe, ins Café, auf den Markt, wo sie sprechen müssen, schaffen sie nach den 600 Stunden im Integrationskurs auch den DTZ. Sie müssen sich trauen zu sprechen, und das lernen sie nur im richtigen Leben. Die Sprechübungen in den Lehr­büchern sind meistens sehr künstlich.

Dagmar Gdanitz

Dagmar Gdanitz ist selbstständige Lerntherapeutin und leitet Integrationskurse für die Volkshochschule Bochum.
[3]Foto: PR
Manche Politiker wollen den Besuch von Deutschkursen vorschreiben. Doch wir haben schon jetzt zu wenige Plätze und zu wenige Fachkräfte. Und die Gruppen sind nicht homogen. Manche Teilnehmer sind vor drei Monaten nach Deutschland ge­kommen und sehr motiviert. Andere leben schon 30 Jahre hier und haben falsche Sprachstrukturen so verfestigt, dass es schwierig ist, sie aufzubrechen. Die Menschen müssen schnell in die Kurse!

Es sitzen oft Menschen bei uns, die kaum lesen und schreiben können. Oft sagen sie: „Ich will im Kurs bleiben, meine Freunde sind hier.“ Ich verstehe das. Aber es ist eine Extraaufgabe, die nicht bezahlt wird. Wir Lehrer sind hoch qualifiziert, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellt hohe Ansprüche. Trotzdem arbeiten wir nur auf Honorarbasis. Wir müssen uns selbst renten- und krankenversichern. Es gibt kein Urlaubs­geld. Wegen der Schulferien müssen wir in neun Monaten das erwirtschaften, was wir für zwölf Monate zum Leben brauchen. So viel kann man kaum arbeiten. Dabei sind wir die erste Anlaufstelle für die Flüchtlinge. 

Ohne Sprache finden sie keine Arbeit, ohne Arbeit belasten sie den Staat – aber der Staat möchte nicht mehr Geld für uns herausrücken. In einem meiner Kurse habe ich zwei Frauen und 18 Männer im Alter von 19 bis 56 Jahren. Ich mache nur positive Erfahrungen. In unserem Team von 28 Kursleitern – nur zwei sind Männer – tauschen wir uns aus. Ich weiß von zwei Kolleginnen, die laute und unverschämte Männer vor sich hatten. In einem Fall musste die Polizei ein Hausverbot aussprechen. Bei der Menge an Kursen und Teilnehmern ist das allerdings überschaubar.


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[1] https://chrismon.evangelisch.de/artikel/2016/32325/integration-koennen-wir-so-vielen-menschen-deutsch-beibringen-fluechtlinge-muessen-schnell-die-kurse
[2] http://chrismon.evangelisch.de/schlagworte/schaffen-wir-das
[3] https://chrismon.evangelisch.de/personen/dagmar-gdanitz-32324