Volker Wissing
Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Verkehr und Digitales, steht während einer Besichtigung der Riedbahn genannten Bahnstrecke Mannheim-Frankfurt am Bahnhof Lampertheim neben dem Fahrradabteil eines Regional-Expresses. Im Sommer 2024 startet die Generalsanierung der Strecke zwischen Frankfurt/Main und Mannheim.
Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance
Damit Volker in Ruhe Sechsen schreiben kann
Warum machen SPD und Grüne mit? Die Ampel-Koalition verschleiert, wer beim Klimaschutz Verantwortung trägt. Ein Kommentar
Tim Wegner
30.03.2023

Ende August verlebte Volker Wissing unangenehme Tage. Der Expertenrat für Klimafragen hatte geprüft, wie der Bundesverkehrsminister und seine Kollegin im Bauressort, Klara Geywitz, ihre Klimabilanz doch noch verbessern wollten. Ihre Emissionsziele hatten beide Ministerien verfehlt. Das Bundes-Klimaschutzgesetz sieht in so einem Fall vor, dass der Expertenrat bewertet, wie die Verantwortlichen ihre Ziele in Zukunft erreichen wollen.

Tim Wegner

Nils Husmann

Nils Husmann ist Redakteur und interessiert sich besonders für die Themen Umwelt, Klimakrise und Energiewende. Er studierte Politikwissenschaft und Journalistik an der Uni Leipzig und in Växjö, Schweden. Nach dem Volontariat 2003 bis 2005 bei der "Leipziger Volkszeitung" kam er zu chrismon.

Was der Expertenrat im vergangenen Sommer zur Arbeit von Volker Wissing zu sagen hatte, war verheerend: Es enthielt sich einer Bewertung, weil FDP-Mann Wissing fast nichts vorgelegt hatte. Eine Nicht-Leistung. Seit dem Sommer setzt sich Wissing für extrem ineffiziente und teure E-Fuels ein, will den Verbrenner am Laufen halten. Ein allgemeines Tempolimit, das die Emissionen des Verkehrssektors sofort senken und Unfalltote verhindern würde, lehnt er dagegen ab. International ist Deutschland in der Verkehrspolitik ein Außenseiter.

Nun will die Ampel-Koalition das Klimaschutzgesetz ändern. Bewertet werden soll künftig, ob alle Sektoren zusammen ihre Emissionsziele erreichen. Was die einzelnen Ministerien so treiben, soll ins Kleingedruckte. Das ist so, als würde eine Schulklasse nur noch eine Durchschnittsnote bekommen. Und wenn Volker weiter Sechsen schreibt, fiele es nicht mehr so ins Gewicht.

Klingt lustig? Ist es aber nicht. Denn zur Demokratie gehört, dass die interessierte Öffentlichkeit ein kritisches Urteil über die Arbeit der Menschen fällen kann, denen sie in Wahlen Macht auf Zeit verliehen hat. Volker Wissing will das nicht. Er und seine Partei, die FDP, möchte den Menschen – besonders denen, die Auto fahren - offenbar weismachen, dass alles irgendwie so weitergehen kann wie bisher: noch mehr Autos, noch mehr Verkehr, noch mehr versiegelte Fläche für Parkplätze. Das wird aber nicht klappen. Vielen Menschen ist das auch längst bewusst, aber die Bundesregierung verkauft sie für dumm.

Dass SPD und Grüne diesen Weg mitgehen, ist ein echtes Rätsel. Denn vielleicht schreiben ihre Leute ja die Einser und Zweier – und keiner kriegt es mit.

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Danke, lieber Nils Husmann, für diese klaren Worte und den anschaulichen Vergleich mit der Durchschnittsnote für eine Klasse. Viel zu selten wagt jemand in der Presse eine Kritik an der Autofahrer-Lobby, die in der Partei unseres Bundesverkehrsministers leider starken Rückhalt hat . Es sollte unbedingt eine "Aufweichung" des Klimaschutzgesetzes und damit eine Vernebelung der Verantwortlichkeiten verhindert werden, was das Erreichen der Klimaziele weiter gefährden würde.

Mir gefällt, dass chrismon in seinen Beiträgen seit längerem auch mehr zu politischen Fragen Stellung nimmt.

Klimawandel war schon immer. Ebenso immer ist auch, dass alles seinen Preis hat. Unser Wohlstand hat einen Preis, der nicht mehr zu bezahlen ist. Denn was verbraucht, vernichtet ist, kann mit keinem Preis bezahlt werden. Es ist eine Illusion, die Natur rückgängig machen zu können. Allenfalls können wir ihren Weg verlangsamen. Aber dazu müssten wir unsere Zahl, unsere Ansprüche erheblich reduzieren. 50 % sind dafür bei weitem nicht ausreichend. Weder Politik noch Religionen wollen und können dem entsprechen ohne ihre Existenz zu gefährden. Und bitte nicht vergessen, kein verbrauchter und damit vernichteter Bodenschatz kann ersetzt werden. Die dafür beanspruchte Nachhaltigkeit ist eine Illusion. Optimismus und Hoffnung sind immer gut. Pessimismus ist unmenschlich. Uns bleibt ein fröhlicher Possibilismus mit Kölner Färbung. Es it scho immer gut gegange. Das ist auch der Vorteil des Katholizismus. Leben und leben lassen statt protestantisch die Verantwortung für die ganze Welt zu tragen. Sich jammernd dem Unvermeidlichen (z. B. dem pers. Tod!) zu ergeben, wäre ein psychologischer Suizid. Auch nicht gut.

Ich bin kein gelber Freund, aber die Überschrift, "Das Volker in Ruhe Sechsen schreiben kann", ist maliziös beleidigend. Die gelbe Retoure könnte dann lauten: "Die KIST auch von Immobilien, damit die Kanzel in Ruhe reden kann".
FRAGE: Zahlen die Kirchen für ihre Vermögen und Immobilien auch die KIST? Oder befreit sie der Segen des Konkordats?

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