EKD-Reformationsbotschafterin Margot Käßmann
epd-bild / Andreas Pöge
Die Kritik am Reformationsjubiläum reißt nicht ab: zu wenig Besucher, Überangebot an Veranstaltungen und falsche Ortswahl. Prominente Protestanten wie Margot Käßmann und Wolfgang Huber halten dagegen: Selten sei Kirche so präsent gewesen.
06.09.2017

Die früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann und Wolfgang Huber, weisen Kritik an den Feiern zum 500. Reformationsjubiläum zurück. "Dieses Jubiläum wird in die Geschichte eingehen, als wirklich ökumenisch und weltoffen", sagte die EKD-Reformationsbotschafterin Käßmann der Zeit-Beilage "Christ und Welt". Es sei ein "echtes Beteiligungsjubiläum" mit vielen tausend Veranstaltungen in ganz Deutschland und weltweit. Huber bezeichnete den vor zehn Jahren begonnenen Veranstaltungsmarathon zum Reformationsjubiläum trotz einiger Schwächen als gelungen.

"Fanal einer grandiosen Selbsttäuschung"

Zuletzt hatten die prominenten Theologen Friedrich Schorlemmer und Christian Wolff eine kritische Vorabbilanz des Gedenkjahres gezogen. Auf dem Weg zum 31. Oktober 2017 sei es versäumt worden, die "Krise der Kirche in der säkularen Gesellschaft offen anzusprechen" und neue Visionen zu entwickeln, heißt es in ihrem Memorandum "Reformation in der Krise - Wider die Selbsttäuschung". Vor allem die schlecht besuchten "Kirchentage auf dem Weg" Ende Mai seien "zum Fanal einer grandiosen Selbsttäuschung" geworden, kritisierten der langjährige Leipziger Thomaskirchen-Pfarrer Wolff und Schorlemmer, der als ehemaliger Leiter der Evangelischen Akademie in Wittenberg und Ex-DDR-Bürgerrechtler in das Jubiläumsprogramm in der Lutherstadt eingebunden war.

Huber erklärte, "gewiss wäre es erfreulich gewesen, es wären noch mehr gekommen". Die Erwartungen an das Jubiläumsjahr 2017 seien unnötig hochgeschraubt worden. Die Entscheidung, das eigentliche Jubiläum in zehn, noch während seiner Amtszeit eingeleiteten Themenjahren vorzubereiten, verteidigte der Altbischof. "Zum ersten Mal hat die evangelische Kirche sich selbst und anderen gezeigt, dass sie überhaupt dazu imstande ist, Themen zu setzen und über lange Zeit durchzuhalten", sagte er am Dienstagabend bei den "Ebernburger Tischgesprächen" auf der Ebernburg im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach.

Käßmann hält speziell die Kritik an der Weltausstellung zum 500. Reformationsjubiläum in Wittenberg für ungerechtfertigt. "Klar: Am Anfang war es nicht so gut besucht, wie wir es uns erhofft hatten", sagte sie "Christ und Welt" laut Vorabbericht vom Mittwoch. Ende August sei in der Stadt jedoch kein Hotelzimmer mehr zu bekommen gewesen. "Und wer die Weltausstellung erlebt hat, ist begeistert", fügte die Theologin hinzu. Es sei zum Beispiel "wunderbar", dass 300.000 Menschen das 360-Grad-Panorama "Luther 1517" des Künstlers Yadegar Asisi gesehen hätten, das seit dem Oktober 2016 geöffnet ist.

Ausgangspunkt der Reformation

Falls der Reformationssommer mit einem finanziellen Defizit enden sollte, kündigte Käßmann an, werde das mit den Landeskirchen besprochen. "Eine genaue Auswertung habe ich noch nicht", sagte sie. "Aber wenn die evangelische Kirche das Reformationsjubiläum nicht genutzt hätte, wäre ihr das als ein Riesenfehler vorgeworden worden", betonte die Theologin.

Die evangelische Kirche feiert noch bis Ende Oktober 500 Jahre Reformation. 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht, die er der Überlieferung nach am 31. Oktober an die Tür der Wittenberger Schlosskirche nagelte. Der Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.

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Man sollte die für mich berechtigten kritisch konstruktiven Impulse nicht gleich in Bausch und Bogen zurückweisen. Natuerlich war es angebracht ein anhaltendes event zu organisieren. Richtig ist aber doch auch, dass der Ansatz mit Kirchentag auf dem Weg gescheitert ist, weil man nicht gegebenheitsbezogen konzipiert hat.und die Situation verkannt hat. Richtig ist auch, dass rückwärtsorientiert Erinnerungsevents im Mittelpunkt standen und weniger die Frage, worauf es heute und für morgen inhsltlich ankommt, was die Menschen im Innersten bewegt und wie wir eine Reformationsfreudige Kirche fur morgen sein können, wie wir hinhören, selbstkritischer, lernfähiger und sprachfähiger werden. Ich erwarte in einer diskursfreudigen reformatorischen Kirche, dass kritische Impulse ernsthaft reflektiert statt reflexartig zuruckgewiesen zu werden

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