18.11.2019

Liebe Leserin, Lieber Leser,

denken Sie manchmal über Ihren eigenen Tod nach? Ich mache das häufig, und zwar nicht nur in Wochen, wie der vor uns liegenden mit Volkstrauertag gestern, Buß- und Bettag am Mittwoch und dem dann folgenden Totensonntag. Es sind nicht nur schreckliche und traurige Gedanken. Denn was wäre das für ein Leben, wenn es nicht enden würde? Spätestens, als ich am Sterbebett meines Vaters und meiner Mutter saß, beide sind sehr alt geworden, hat der Tod für mich etwas von seiner Unfassbarkeit verloren: Es war ganz klar, es gab nur einen Weg, in den Tod. Ein Zurück ins Leben wäre unmöglich gewesen. Genauso unmöglich, wie ein einmal geborenes Kind wieder zurück in den Bauch der Mutter zu bringen. Für mich gehören diese Stunden, die Stunden der Geburt meiner Kinder und die am Sterbebett meiner Eltern, zu den wertvollsten meines Lebens.

Doch wie gehen wir mit dem Tod  und Trauer in unserer Gesellschaft heute um? "Stirbt der Tod heute aus?", fragt unser Kultur-Blogger, Johann Hinrich Claussen. Auch mich verwundert, wie häufig Tod und Trauer bei uns verdrängt werden. Und ich finde es gut, dass wir das bei chrismon nicht machen. In unserem Archiv finden Sie viele Texte zu Tod und Trauerzeit. Wer keinen Abschied zulässt, kann auch keinen Neuanfang wagen - wie auch dieser berührende Text eines Ehemanns zeigt, der dank einiger Hühner nach dem Tod seiner Frau wieder neuen Lebensmut fasste. 

Einerseits "stirbt der Tod aus", andererseits wollen viele von uns mitreden, wenn es um ihr eigenes Ende geht, dies zeigt unsere aktuelle Umfrage: Wir hatten gefragt, was Sie, also unsere Leserinnen und Leser, vor dem Tod noch erledigen wollen - keiner der Befragten hatte geantwortet: Damit will ich mich überhaupt nicht befassen.

Ich selbst habe übrigens auch schon eine Idee, wie und wo ich mal liegen möchte.  Viele Städte und Gemeinden bieten heute an, dass man eine Patenschaft für ein Grab übernimmt. Man kümmert sich zu Lebzeiten um ein erhaltenswertes Grab; nach dem eigenen Tod liegt man vielerorts dort umsonst. Ich hab das noch nicht alles im Einzelnen für mich recherchiert, aber ich finde, das ist ein großartiger Ansatz. Friedhöfe sind wichtige Bestandteile unserer Kultur. Dass sie immer weiter schrumpfen, betrübt mich. Übrigens geht meine Idee noch ein bisschen weiter. Ich stelle mir vor, ein sehr großes, altes Familiengrab mit mehreren lieben Menschen aus dem Freundeskreis in Patenschaft zu übernehmen. Da werden wir dann später gemeinsam liegen und unsere Kinder, Enkel und Freunde können sich bei der Grabpflege abwechseln. Verrückte Idee? Nun ja, ich lebe in Hamburg in einer Baugemeinschaft, und hier machen wir vieles gemeinsam, was früher Familien allein gestemmt haben. Warum soll im Tod nicht gehen, was im Leben funktioniert?

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine lebensvolle Woche.

Ihre

Dorothea Heintze

PS: Kennen Sie unser neues Portal trauervers.de? Wirklich hilfreich!