10.09.2018

Liebe chrismon-Leserinnen und -Leser,

das Bundesinnenministerium will die Deutsche Islamkonferenz neu einberufen, vielleicht schon im November. Einen Fehler will das Ministerium bei der Zusammensetzung des Gremiums diesmal vermeiden - die Überbewertung der (überwiegend konservativen) muslimischen Verbände. Da diese sowieso nur 10 oder 15 Prozent der Muslime in Deutschland repräsentieren, ist eine Öffnung der Konferenz für liberale und säkulare Musliminnen und Muslime unabdingbar.

Für Seyran Ates zum Beispiel. Die Berliner Rechtsanwältin hat die liberale Ibn Rushd-Goethe-Moschee in Moabit gegründet. Was sie zum Feindbild der islamischen Verbände und erst recht von Fundamentalisten macht: Sie als Frau wurde Imamin, in ihrer Moschee beten Frauen und Männer gemeinsam. Ates erhält Morddrohungen, steht unter Polizeischutz. Aber sie lässt sich in ihrem liberalen Koranverständnis und in der religiösen Praxis nicht beirren. Wir haben sie besucht und mit Professor Christoph Markschies, Kirchenhistoriker an der Humboldt-Universität, ins Gespräch gebracht. Das Doppelinterview ist überschrieben mit: "Wahrheit! Wenn ich das schon höre!"

In einem zusätzlichen Video zu Fotos von Patrick Desbrosses können Sie erleben, wie kämpferisch und selbstbewusst die beiden Gesprächspartner mit religiösen Fundis ins Gericht gehen.

Zu den liberalen Islamkennern in Deutschland gehört auch Mouhanad Khorchide, Islamwissenschaftler an der Universität Münster. Er wird nicht müde, für einen offenen, intelligenten Umgang mit dem Koran und den islamischen Traditionen zu werben. Er war schon wiederholt Interviewpartner von chrismon. Willi Weitzel ("Willi wills wissen"), fragte Khorchide zwei Tage lang über den Islam und über sein persönliches Glaubensleben aus. Daraus entstand ein Buch in der edition chrismon: "Der Islam. Fragen und ­Antworten für alle, die’s wissen wollen."

Von der muslimischen Pädagogin Lamya Kaddor stammt ein Text in chrismon-plus, unserer Aboausgabe. Sie beobachtet, dass viele Menschen so festgefahrene Vorstellungen von Muslimen haben. In ihrem Text erklärt sie, warum eine Araberin nicht automatisch Muslimin ist und eine Muslimin 
nicht ­automatisch Terroristin oder eine unmündige Frau.

Feindbilder und Abgrenzungen gegenüber dem Islam haben oft mit mangelnden Kenntnissen zu tun. Seyran Ates, Mouhanad Khorchide und Lamya Kaddor haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Islam zu erklären. Wer meint, auf die Straße zu islamfeindlichen Demonstrationen gehen zu müssen, sollte zuvor einmal ihre klugen Texte lesen.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre

Ihr

 

Eduard Kopp

Leitender Redakteur Theologie