15.10.2018

Liebe Leserinnen und Leser,

es ist nicht einfach, über Afrika zu schreiben. Viel zu oft verfallen selbst erfahrene Journalisten in den Reflex, von Afrika als dem krisengebeutelten Kontinent zu schreiben, in dem Armut, Krieg und Hunger herrschen. So als wäre Afrika ein Land, in dem alles schiefläuft. Dabei haben etwa Mauretanien und Madagaskar wenig gemeinsam. Ja, manche Staaten verfallen in Korruption und Bürgerkrieg, wie die Demokratische Republik Kongo oder der Südsudan, Länder wie Ruanda und Botswana hingegen entwickeln sich seit Jahrzehnten wirtschaftlich gut. Tansania ist arm, aber seit über 50 Jahren herrscht Frieden. Sie sehen: Es ist kompliziert.

Eine Person, die es dennoch schafft, ausgewogen zu berichten, schlüssig einzuordnen und so ein differenziertes Bild der unterschiedlichen afrikanischen Länder und Gesellschaften zu zeichnen, ist die Hörfunkjournalistin Bettina Rühl. Für ihre Reportagen über Krisen und Aufbruchsstimmung erhält sie morgen, am 16. Oktober, den Robert Geisendörfer Preis. Mein Kollege Nils Husmann hat mit ihr gesprochen - ein ausgesprochen lesenswertes Interview, wie ich finde.

Dass es auch mit guten Absichten nicht immer leicht ist, zu helfen, diese Erfahrung musste der deutsche Arzt Oliver Henke machen, den ich vor einem Jahr in Tansania getroffen habe. Gemeinsam mit seiner Frau und einem Team einheimischer Ärzte und Schwestern baut er eine Krebsstation am Kilimandscharo auf. Kulturelle Unterschiede haben ihm die Zusammenarbeit oft erschwert und ihn am Sinn seiner Arbeit zweifeln lassen - aber nur kurz.

In der Oktoberausgabe von chrismon beschäftigte sich EKD-Ratsvorsitzender und chrismon-Herausgeber Heinrich Bedford-Strohm mit der Frage, ob man die Verbrechen des deutschen Kolonialismus im heutigen Namibia aufarbeiten kann. Sein Fazit: "Vor der Aufarbeitung der Vergangenheit muss niemand Angst haben. Sie ist die Voraussetzung für neue Beziehungen und neue Gemeinschaft." Vielleicht hilft sie auch dabei, mehr Verständnis zu schaffen für die heutigen Probleme in vielen Entwicklungsländern und wie sie gemeinsam zu lösen sind.

Einen guten Start in die Woche.

Michael Güthlein

chrismon Redakteur