Oft wird eine Rasierklinge verwendet, um die Klitoris und die Schamlippen zu beschneiden.
epd-bild/Klaus Becker
Genitalverstümmelung von Frauen ist weiterhin verbreitet und verstößt zugleich massiv gegen das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen. Der neue Weltbevölkerungsbericht macht das Problem zum zentralen Thema.
30.06.2020

Die Vereinten Nationen haben zu einem verstärkten Kampf gegen Frühverheiratungen und Genitalverstümmelungen an jungen Frauen aufgerufen. Durch die aktuelle Corona-Pandemie seien Mädchen besonders gefährdet, da etwa Aufklärungskampagnen erschwert würden, sagte die Exekutivdirektorin des UN-Weltbevölkerungsfonds (UNFPA), Natalia Kanem, zur Präsentation des neuen Weltbevölkerungsberichts. Die deutsche Kurzfassung des Berichts wurde vorab am Montag in einer Online-Pressekonferenz in Berlin vorgestellt.

Um Frühverheiratungen und Genitalverstümmelungen bis 2030 zu beenden, seien Investitionen von jährlich 3,4 Milliarden US-Dollar notwendig, heißt es in dem Bericht weiter. Er sollte Dienstag früh in New York offiziell veröffentlicht werden.

Verletzungen der weiblichen Geschlechtsorgane

Als Genitalverstümmelung gelten die teilweise oder vollständige Entfernung der äußeren weiblichen Genitalien sowie andere Verletzungen der weiblichen Geschlechtsorgane aus nicht-medizinischen Gründen. Sie ist vor allem in Afrika in vielen Regionen verbreitet und betrifft aktuell den Angaben zufolge rund 200 Millionen Frauen und Mädchen weltweit.

Kanem plädiert in ihrem Bericht für die Förderung von Programmen, die Mädchen darin unterstützen, Schulen bis zum Abschluss zu besuchen statt früh verheiratet zu werden. So würden deren Chancen erhöht, als Erwachsene ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften. Der Bericht zeigt auch, dass die Aufklärung von Männern und Jungen über sogenannte schädliche Praktiken wie weibliche Genitalverstümmelung, Frühverheiratung und die Bevorzugung von Söhnen wirken. Laut UN werden täglich weltweit 33.000 Mädchen noch vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet.

Der Bericht trägt den Titel "Gegen meinen Willen - Praktiken beenden, die Frauen und Mädchen schaden und Gleichstellung verhindern". Herausgeberin der deutschen Kurzfassung ist die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) mit Sitz in Hannover.

Mantel des Schweigens

Für die Bundesregierung sagte Maria Flachsbarth (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, es müsse gelingen, Frauen und Mädchen verstärkt Bildung aller Stufen zu ermöglichen. Renate Bähr, scheidende Geschäftsführerin der DSW, betonte, es sei "immens wichtig, dass Deutschland in Zeiten von Corona mehr und nicht weniger Mittel dafür bereitstellt, dass schädliche Praktiken bald der Vergangenheit angehören".

Jan Kreutzberg, Geschäftsführer der DSW, sagte, es sei "unerlässlich, dass insbesondere in den betroffenen Ländern offen über die Auswirkungen von schädlichen Praktiken gesprochen wird und Aufklärung stattfindet". Nur wenn der Mantel des Schweigens durchbrochen werde, könnten patriarchalische Strukturen aufgebrochen werden, betonte Kreutzberg.

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