ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin
epd-bild/Christian Ditsch
Wie schlagen sich die Qualitätsmedien in der Corona-Krise? Der Wissenschaftler Otfried Jarren übt Kritik an den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern. Der ehemalige FAZ-Herausgeber Werner D'Inka hält Pauschalkritik für unangemessen.
18.06.2020

Aus Sicht des Zürcher Medienwissenschaftlers Otfried Jarren haben öffentlich-rechtliche Fernsehsender in der Corona-Pandemie durch wiederholende Darstellungen und die Fokussierung auf gesundheitliche Aspekte Ängste verstärkt. "Das Repetitive hat einen erheblichen Framing-Effekt", sagte Jarren am Mittwochabend in einer online übertragenen Diskussion zum Thema "Qualitätsmedien in der Corona-Krise?". So vernünftig der Verweis auf begrenzte Kapazitäten im Gesundheitswesen gewesen sei, so sehr stelle jede Verabsolutierung ein Problem dar.

Werner D'Inka, ehemaliger Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ), verteidigte die Fernsehsender. "Ich habe mich eigentlich angemessen informiert gefühlt", sagte er. Auch im Fernsehen seien die notwendigen Fragen gestellt worden, fügte der Präsident des Frankfurter Presseclubs hinzu. Pauschale Vorwürfe gegen "das Fernsehen" oder "die Medien" aus der Medienwissenschaft habe er in den vergangenen Wochen als unangemessen empfunden.

Corona-Krise als Anstoß für neue journalistische Perspektiven

Jarren warnte vor einem Selbstverständnis des Journalismus als systemrelevant. "Journalismus soll autonom und unabhängig sein", sagte der Wissenschaftler. "Seine Relevanz hat er zu zeigen gegenüber der Gesellschaft, nicht gegenüber der Politik."

D'Inka räumte ein, dass Medien gelegentlich zu stark auf Institutionen fixiert seien. Zu häufig werde über Beschlüsse von Kultusministerien berichtet, zu selten über den Alltag an den Schulen. Die Corona-Pandemie könne ein Anstoß sein, journalistische Perspektiven zu überdenken.

Der ehemalige FAZ-Herausgeber riet dazu, die Ungewissheit über den Verlauf und die Folgen der Pandemie in der Berichterstattung immer wieder herauszustellen. "Die Schwierigkeit, mit einer offenen Zukunft umzugehen, ist nicht auf den Journalismus begrenzt", gab D'Inka zu bedenken. Man solle nicht so tun, als wüsste man, wie die Dinge ausgehen.

Mehr Transparenz

Moderatorin Diemut Roether, Verantwortliche Redakteurin von epd medien, empfahl als eine Lehre aus der Corona-Berichterstattung ein stärkeres Bemühen um Transparenz. Für die Publikumsbindung sei es wichtig, seine eigene Arbeit immer wieder zu erklären. Das sei gerade in der aktuellen Krisensituation entscheidend, sagte sie in der Diskussionsrunde, zu der epd medien, der Frankfurter Presseclub und die Evangelische Akademie Frankfurt gemeinsam eingeladen hatten.

Der Medienwissenschaftler Jarren gehörte zu den frühen Kritikern der Medienberichterstattung in der Corona-Krise. Er schrieb Ende März in einem Beitrag für epd medien, das öffentlich-rechtliche Fernsehen lasse seit Wochen die immer gleichen Experten und Politiker auftreten und präsentiere diese als Krisenmanager. Wenige Wochen später nahm D'Inka die Medien in Schutz. In einem Kommentar in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" warnte er vor einer allzu pauschalen Kritik an der Corona-Berichterstattung.

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