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Gestiegen ist der Frauenanteil nur in Aufsichtsräten, für die eine feste Quote gilt. Für die SPD-Ministerinnen Giffey und Lambrecht sind die Zahlen ein Beleg dafür, dass die Wirtschaft freiwillig nicht viel tut, um Frauen an die Spitze zu holen.
10.06.2020

Der Frauenanteil in Aufsichtsräten, die unter eine feste Quote fallen, ist weiter gestiegen. Das geht aus den jüngsten Berichten über die Entwicklung des Frauen- und Männeranteils in Führungsgremien in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst hervor, die das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin beschlossen hat. Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) wertete die Ergebnisse als Beleg für die Wirksamkeit von Quoten und drang auf eine Ausweitung.

Den Berichten zufolge liegt der Frauenanteil in Aufsichtsräten, die unter die Quote fallen, in diesem Jahr bei 35,2 Prozent und damit über den gesetzlich vorgeschriebenen 30 Prozent. Beim Start der Quote im Jahr 2016 lag er bei 25 Prozent. In der großen Mehrheit der Unternehmen, die nicht unter die gesetzliche Quote fallen, beträgt der Frauenanteil in Aufsichtsräten hingegen nur knapp 20 Prozent und ist seit 2016 nur um zwei Prozentpunkte gestiegen.

In den Vorständen sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Ihr Anteil lag im Geschäftsjahr 2017 bei 7,7 Prozent. 80 Prozent der Unternehmen haben gar keine Frau im Vorstand. Von freiwilligen Zielgrößen machen nur wenige Unternehmen Gebrauch. 78 Prozent setzten sich entweder gar kein Ziel oder schrieben einfach die Zielgröße 0 für die Anzahl der Frauen im Vorstand auf (70 Prozent).

Mindestens eine Frau im Vorstand

Giffey bilanzierte nach der Kabinettssitzung, die Berichte belegten einmal mehr, dass feste Vorgaben nötig seien, um den Frauenanteil zu erhöhen. "Freiwillig tut sich wenig", sagte sie. Giffey will gemeinsam mit Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) die Frauenquote für Aufsichtsräte deutlich ausweiten. Bisher gilt sie nur für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen. Großen Unternehmen soll vorgeschrieben werden, dass mindestens eine Frau im Vorstand sein muss. Über den Gesetzentwurf gebe es aber keine Einigkeit in der Bundesregierung, sagte Giffey.

Der Bericht über den Frauenanteil in Führungsgremien wurde dem Kabinett von Giffey und Lambrecht vorgelegt und wird nun dem Bundestag zugeleitet. Seit 2016 gilt für die Aufsichtsräte börsennotierter und der Mitbestimmung unterliegender Unternehmen eine Frauenquote von 30 Prozent. Werden nicht jeweils mindestens 30 Prozent Frauen und Männer in den Aufsichtsrat gewählt, bleiben die Sitze unterhalb der Quote leer. Das gilt für 105 Unternehmen. Weit mehr, nämlich knapp 2.000 Unternehmen, müssen oder können sich freiwillig Zielgrößen für den Frauenanteil in Führungsgremien- und posten setzen. Sie können dabei aber auch die Zielgröße 0 angeben, ohne Sanktionen fürchten zu müssen.

Öffentliche Erwartungshaltung

Nach einer Untersuchung der gemeinnützigen deutsch-schwedischen Allbright-Stiftung ist mit 6,9 Prozent der Anteil leitender Frauen in Familienunternehmen besonders niedrig. Der Studie zufolge arbeiteten am 1. März dieses Jahres 406 Männer und 30 Frauen in den Geschäftsführungen der 100 größten deutschen Familienunternehmen. In den börsennotierten Unternehmen ist der Frauenanteil mit 10,3 Prozent am höchsten. Unternehmen, die vollständig im Familienbesitz sind, haben mit 4,8 Prozent den geringsten Anteil an Frauen in der Geschäftsführung. Für die Unterschiede macht die Studie den Einfluss familienfremder Akteure in börsennotierten Unternehmen und die damit verbundene öffentliche Erwartungshaltung verantwortlich.

71 der 100 größten deutschen Familienunternehmen von Aldi bis Zeiss haben gar keine Frau in der Geschäftsführung. In den Aufsichts- und Verwaltungsräten beträgt der Frauenanteil der Untersuchung zufolge 24,5 Prozent.

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