Entwicklungsminister Müller bei Näherinnen in Bangladesch
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Sieben Jahre nach dem Einsturz der Textilfabrik von Rana Plaza in Bangladesch durchkreuzt nun die Corona-Krise Hoffnungen auf bessere Arbeitsbedingungen.
23.04.2020

Viele Arbeiterinnen und Arbeiter in Südasien stünden wegen der Corona-Pandemie vor dem Nichts, sagte die Geschäftsführerin des Vereins Femnet, Gisela Burckhardt, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Viele müssen hungern", betonte sie. Fabriken in Bangladesch und Indien litten extrem unter der Absatzflaute bei Textilien. Femnet habe sich deshalb zu Soforthilfe mit einem Nothilfefonds entschlossen. Der Verein mit Sitz in Bonn hat zu diesem Zweck eine Spendenaktion gestartet.

Hilfe für 1.000 Familien

Mit dem Geld würden zum einen Wanderarbeiterinnen im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu sowie Fabrik-Näherinnen im Nachbarstaat Karnataka unterstützt, sagte Burckhardt. "Tausende Arbeiterinnen hängen nach der Schließung der Fabriken fest und bekommen keinerlei Unterstützung." Bereits mit 20 Euro könne eine vierköpfige Familie mit Nahrungsmitteln für zwei Wochen versorgt werden. Bislang erreichte die Hilfe rund 1.000 Familien.

Allein in Bangladesch wurden nach Angaben des dortigen Unternehmensverbands BGMEA im Zuge der Corona-Krise Aufträge in Höhe von 3,15 Milliarden US-Dollar (knapp 2,9 Milliarden Euro) storniert. "Das betrifft rund 2,2 Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter", sagte Burckhardt. Etwa 80 Prozent der Textilfabriken seien geschlossen worden. Es sei damit zu rechnen, dass viele Betriebe pleite gingen, weil sie auf bereits bestellter Ware sitzen blieben. "Wir fordern die Unternehmen auf, dass sie unbedingt platzierte Ware noch bezahlen müssen und nicht einfach die Last auf die Lieferanten abwälzen können." Problematisch sei darüber hinaus, dass in den noch arbeitenden Fabriken keine ausreichenden Hygienemaßnahmen ergriffen worden seien und die Infektionsgefahr entsprechend hoch sei.

Lieferkettengesetz gefordert

Burckhardt forderte kurzfristige internationale Hilfe für die notleidenden Textilarbeiterinnen. "Wir brauchen einen Relief-Fund, in den alle einzahlen: Multilaterale Organisationen genauso wie Regierungen und auch Unternehmen." Außerdem brauche es ein Lieferkettengesetz, wie es derzeit innerhalb der Bundesregierung in der Diskussion ist.

Denn auch sieben Jahre nach dem Einsturz von Rana Plaza, bei dem am 24. April 2013 mehr als 1.000 Menschen ums Leben kamen, hätten sich die Arbeitsbedingungen nicht insgesamt verbessert. Zwar seien die Fabrikgebäude nun sicherer und würden kontrolliert. "Aber in den letzten Jahren klagen die Näherinnen immer mehr darüber, dass der Druck, schneller und effizienter zu arbeiten, enorm gewachsen ist", sagte Burckhardt. Das habe mehr Gewalt an den Arbeitsplätzen zur Folge, weil viele Vorarbeiter den Druck an die Näherinnen weitergäben.

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