Luxemburg und Deutschland wollen Minderjährige aus den Lagern auf den griechischen Inseln holen. 50 Kinder sollen in der nächsten Woche nach Deutschland kommen. Hilfsorganisationen wie die Diakonie mahnen, das könne "allenfalls ein Anfang sein"
08.04.2020

Nach wochenlangen Verzögerungen soll die Aufnahme von Kindern aus den überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln in der nächsten Woche starten. Das Bundeskabinett stimmte am Mittwoch in Berlin dem Vorschlag von Innenminister Horst Seehofer (CSU) zu, 50 unbegleitete Minderjährige aufzunehmen. Das sei ein erster Schritt, hieß es. Insgesamt will die Bundesregierung insgesamt 300 bis 500 Flüchtlinge aus den Lagern übernehmen.

Seehofers Sprecher Steve Alter sagte, eine entsprechende Größenordnung sei im Koalitionsausschuss Anfang März beschlossen worden. Mehr als 50 Kinder könnten im ersten Schritt nicht übernommen werden, weil noch nicht mehr Dossiers über Menschen vorliegen, die aufgenommen werden sollen, erläuterte der Ministeriumssprecher. Die EU-Kommission koordiniert die Übernahmen in Zusammenarbeit mit der Asylagentur EASO sowie den UN-Organisationen UNHCR, Unicef und IOM.

Zu den üblichen Regularien für die Übernahmen kommen Alter zufolge derzeit auch Corona-Tests als Bedingung für die Aufnahme. Die Ankommenden sollen aufgrund der Pandemie zudem nach der Ankunft in Deutschland zunächst zwei Wochen in Quarantäne bleiben. Aufgenommen werden die Kinder alle in Niedersachsen, wie der dortige Innenminister Boris Pistorius (SPD) mitteilte. Das Land hatte sich besonders für die humanitäre Aufnahme eingesetzt.

Umsetzung gerät ins Stocken

Die Innenminister von acht EU-Staaten hatten vor einigen Wochen vereinbart, insgesamt mindestens 1.600 besonders Schutzbedürftige aus Griechenland zu übernehmen. Inzwischen haben sich laut Bundesinnenministerium zehn EU-Staaten zur Aufnahme bereiterklärt. Die Umsetzung geriet aber parallel zur Corona-Pandemie ins Stocken, obwohl sich alle politisch Verantwortlichen einig darüber sind, wie schlecht die Bedingungen in den Flüchtlingslagern sind.

In dieser Woche kündigte zunächst Luxemburg an, bei der Aufnahme voranzugehen. Deutschland schließt sich nun an. Das Bundesinnenministerium betonte aber, man erwarte, dass sich auch die übrigen Staaten an ihre Zusage halten. In Brüssel wurden die Ankündigungen von Luxemburg und Deutschland begrüßt. "Wir sind sehr froh, dass die Dinge vorangehen", sagte ein Sprecher der EU-Kommission dem Evangelischen Pressedienst (epd).

"Alibihandeln der Bundesregierung"

Auch das UN-Kinderhilfswerk Unicef begrüßte die Ankündigung Deutschlands. Vor allem das Engagement der aufnehmenden Kommunen für das Wohl dieser Kinder verdiene Anerkennung und Unterstützung, sagte der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider. Zugleich betonte er aber auch, bei diesem symbolischen Zeichen dürfe es nicht bleiben. Ähnlich äußerte sich die Diakonie. Dies könne "allenfalls ein Anfang sein", sagte Präsident Ulrich Lilie.

Pro Asyl bezeichnete die Ankündigung sogar als "Alibihandeln der Bundesregierung". Geschäftsführer Günter Burkhardt erneuerte seine Forderung, die überfüllten Lager aufgrund der Gefahr durch die Corona-Pandemie komplett zu evakuieren und verwies auf die dort stark mangelhafte medizinische und sanitäre Versorgung. Auch Politikerinnen von Grünen und Linken forderten, wesentlich mehr Flüchtlinge aus den überfüllten Lagern aufzunehmen.

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.