Plakative Darstellungen und verkürzte sowie zugespitzte Überschriften: Leserinnen und Leser beschwerten sich bislang 77 Mal beim Deutschen Presserat über die Corona-Berichterstattung.
30.03.2020

Beim Deutschen Presserat sind bislang 77 Beschwerden über die Berichterstattung in Zusammenhang mit der Corona-Krise eingegangen. Viele Leserinnen und Leser kritisierten eine plakative Darstellung, die eher Panik schüre, wie der Presserat in Berlin am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd) mitteilte. Häufig würden in diesem Zusammenhang verkürzte und zugespitzte Überschriften wie "Top-Virologe erhöht Corona-Alarmstufe" oder "Dramatische Entwicklung in deutschen Krankenhäusern" bemängelt, deren Aussagen vom Inhalt des Artikels dann womöglich nicht gedeckt seien.

Viele Leserinnen und Leser wünschen sich eine ausgeglichenere und sogar positivere Berichterstattung über die Corona-Pandemie, erklärte der Presserat. Der designierte Sprecher Johannes Endres betonte: "Gerade in so aufgeregten Zeiten ist es ein presseethischer Imperativ, verifizierte Fakten verständlich und ausgewogen darzustellen." Medien stünden in der Verantwortung, "weder Panik zu schüren, noch die Gefahr klein zu reden oder unerfüllbare Hoffnungen auf Heilung zu wecken".

Beschwerden werden aktuell geprüft

Die 77 Beschwerden werden aktuell vom Presserat geprüft, wie das Selbstkontrollgremium erklärte. Maßgeblich seien hier die Einhaltung der Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex, aber auch eine möglicherweise übertrieben sensationelle Berichterstattung nach Ziffer 11 beziehungsweise Ziffer 14, wenn etwa unbegründete medizinische Befürchtungen geweckt würden.

Speziell zur Berichterstattung über Impfstoffe und Therapien gingen bislang wenige Beschwerden ein, wie der Presserat weiter mitteilte. Allerdings sei zu dem Thema Mitte März eine Missbilligung gegen ein Online-Portal ausgesprochen worden. Das Portal habe über ein Immunspray eines bestimmten Herstellers berichtet mit der Aussage, das Präparat könnte einen Vorabschutz vor Corona bieten beziehungsweise der Ausbreitung Einhalt gebieten. Der Presserat sah sowohl die Grenze zur Schleichwerbung nach Ziffer 7 des Pressekodex überschritten als auch eine Verletzung von Ziffer 14. Der Bericht sei geeignet gewesen, bei verunsicherten Lesern unbegründete Hoffnungen zu wecken.

Der Pressekodex enthält Regeln für die tägliche Arbeit von Journalisten. Der Presserat prüft auf dieser Grundlage Beschwerden gegen Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien. Am häufigsten waren nach wie vor Regionalmedien betroffen. Bei Verstößen kann das Gremium Sanktionen aussprechen, als schärfste Maßnahme eine öffentliche Rüge. Im vergangenen Jahr gingen beim Presserat insgesamt 2.175 Leserbeschwerden ein und damit 137 mehr als 2018.

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