Attac-Aktivisten bei einem Protest in der Frankfurter Paulskirche im September 2018.
epd-bild/Philip Eichler/www.attac.de
Der globalisierungskritische Verein Attac hat vor dem Hessischen Finanzgericht eine Niederlage erlitten.
26.02.2020

Der globalisierungskritische Verein Attac ist laut Gerichtsurteil wegen seiner allgemeinpolitischen Forderungen nicht gemeinnützig und darf keine steuerbegünstigten Spenden entgegennehmen. Auch wenn solch ein bürgerschaftliches Engagement förderungsfähig erscheine, sehe nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) das Gesetz solch eine steuerbegünstigte Förderung nicht vor, urteilte am Mittwoch das Hessische Finanzgericht. Attac kündigte an, gegen das Urteil Revision beim BFH einzulegen und notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. (AZ: 4 K179/16)

Das Finanzamt Frankfurt am Main III hatte dem Attac-Trägerverein für die Streitjahre 2010 bis 2012 die Gemeinnützigkeit aberkannt. Attac hat seitdem keine für den Steuerabzug vorgesehenen Spendenbescheinigungen mehr ausgegeben. Auch die Zusammenarbeit mit anderen gemeinnützigen Organisationen oder Stiftungen wurde erschwert. Bei erhaltenen Schenkungen oder einem Erbe werden zudem Schenkungs- und Erbschaftsteuer fällig.

Keine "Volksbildung" oder politische Bildung

Die Finanzbehörde hatte den Entzug der Gemeinnützigkeit mit den tagesaktuellen allgemeinpolitischen Forderungen von Attac begründet. Dies sei keine "Volksbildung" oder politische Bildung mehr, für die ein Verein Gemeinnützigkeit beanspruchen könne.

In einem ersten Verfahren hatte 2016 das Finanzgericht Attac noch recht gegeben. Dieses Urteil hatte der BFH jedoch am 10. Januar 2019 aufgehoben und damit für erhebliche Verunsicherung bei Vereinen gesorgt, die nun nicht wissen, wann sie sich zu politischen Themen äußern dürfen (AZ: V R 60/17). Die obersten Finanzrichter verwiesen darauf, dass das Gesetz 25 gemeinnützige Zwecke vorsehe, wie Umweltschutz, Tierschutz, Wohlfahrt und auch "Volksbildung". Letztere müsse aber in "geistiger Offenheit" durchgeführt werden. Daran gebe es bei Attac Zweifel. Zwar dürfe beispielsweise eine Umweltorganisation zu Umweltthemen Stellung beziehen, nicht jedoch zu anderen allgemeinpolitischen Themen.

Das nun erneut mit dem Fall befasste Finanzgericht kritisierte zwar das BFH-Urteil als "mit der heißen Nadel gestrickt", da es einen weniger aufklärerischen Bildungsbegriff zugrunde lege als das Grundgesetz. Dennoch sei man an die Vorgaben des BFH gebunden.

Hier habe Attac in den Streitjahren zahlreiche allgemeinpolitische Aktionen und Kampagnen durchgeführt, die nichts mehr mit der gemeinnützigen "politischen Bildung" im Sinne der BFH-Rechtsprechung zu tun hätten. Dazu gehörten etwa Forderungen nach einer 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, einem bedingungslosen Grundeinkommen oder der Abschaffung von Hartz IV. Auch wenn das Attac-Engagement förderungsfähig erscheine, sehe das Gesetz die Förderung solch eines bürgerschaftlichen Engagements nicht vor. Dies könne nur die Politik ändern.

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