Hölderlinturm in Tübingen
epd-bild/Gerhard Baeuerle
Der Hölderlinturm ist ein Wahrzeichen Tübingens. Zum 250. Geburtstag des Dichters hat das gelbe Gebäude eine neue Ausstellung erhalten. Besucher kommen dabei Hölderlins Verskunst auf die Spur.
14.02.2020

Zwei Jahre war er geschlossen, von Sonntag an hat das Publikum wieder Zutritt: Der Tübinger Hölderlinturm präsentiert nach einer Sanierung für mehr als 2,1 Millionen Euro eine neu konzipierte Ausstellung über den Dichter Friedrich Hölderlin (1770-1843). Damit eröffnet Tübingen das Jubiläumsjahr zum 250. Geburtstag des Poeten, wie die Universitätsstadt am Freitag mitteilte.

Über drei Etagen erstreckt sich eine multimediale Ausstellung, die das Lebenswerk des Dichters präsentiert. Sie zeige Hölderlin als "radikalen Arbeiter an der Sprache und als Inspirator der Künste", sagte Kurator Thomas Schmidt vom Deutschen Literaturarchiv Marbach bei der Präsentation der neuen Räume. In einem Sprachlabor können die Besucher selbst mit Silben, Worten und Versen experimentieren.

"Streit mit den eigenen Gedanken"

Hölderlin wohnte von 1807 bis zu seinem Tod 1843 in dem Turm bei der Familie eines Schreinermeisters. Das Gebäude brannte allerdings 1875 bis auf die Grundmauern ab und wurde danach wieder aufgebaut. Die Ausstellung zeigt aus der Zeit Hölderlins einen Tisch, an dem der Dichter laut historischen Quellen selbst gearbeitet hat. Kurator Schmidt hob hervor, dass Hölderlin laut schriftlichem Zeugnis auf diesen Tisch geschlagen habe, wenn er im "Streit mit den eigenen Gedanken" gewesen sei. Hölderlin habe in der zweiten Lebenshälfte unter einer psychischen Krankheit gelitten.

Johann Kreuzer, Präsident der Hölderlin-Gesellschaft, wies auf die internationale Wirkung des Dichters hin. Hölderlins Werke seien in 83 Sprachen übersetzt, in China würden zu Hochzeiten gerne Hölderlinsprüche zitiert. Die Hölderlin-Gesellschaft habe künftig ihren Sitz wieder in dem Turm in der Tübinger Bursagasse.

Laut Kreuzer übte Hölderlin mit seinen Texten auch wesentlichen Einfluss auf die Philosophie aus. So hätten sich Martin Heidegger und Theodor Adorno in ihrer philosophischen Arbeit ausdrücklich auf den Dichter berufen. Kreuzer bedauerte, dass Hölderlin als Schullektüre langsam verschwinde, "was dringend zu ändern ist". Gleichzeitig beobachte er bei jüngeren Menschen wieder eine größere Resonanz auf Hölderlin.

Garten mit "Gedichtlaufstrecke"

Kulturbürgermeisterin Daniela Harsch erklärte, dass nach einem Beschluss des Tübinger Gemeinderats der Eintritt zum Turm frei sei. Die Kosten für das Museum sollen unter anderem durch Spenden getragen werden. Vor dem Haus gibt es einen Garten mit einer "Gedichtlaufstrecke" und Informationsstelen. Der gelb gestrichene Hölderlinturm liegt direkt am Neckar und grenzt an ein ehemaliges Krankenhaus an, in dem der Dichter psychiatrisch behandelt wurde. Heute befindet sich dort das Philosophische Seminar der Universität.

Europaweit sind nach Angaben des Deutschen Literaturarchivs mehr als 650 Veranstaltungen zu Hölderlins 250. Geburtstag geplant. Die Leiterin des Museums Hölderlinturm, Sandra Potsch, kündigte an, dass es künftig auch Literaturvermittlungsprogramme für Schüler aller Klassenstufen geben soll. Museumsführungen in leichter Sprache oder mit Audio-Beschreibungen für Sehbehinderte stünden bereits zur Verfügung.

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