Proteste in Chile
epd-bild/Salka Tennen
Nach wochenlanger schwerer Krise haben sich Regierung und Opposition in Chile geeinigt, dass sie für das Land eine neue Verfassung schreiben wollen.
15.11.2019

In Chile gibt es Pläne für eine neue Verfassung. Dies teilten Vertreter von Parlament und Senat in der Nacht auf Freitag mit. In einer im Fernsehen übertragenen Ansprache nannte Senatspräsident Jaime Quintana die Vereinbarung historisch: "Wie Sie wissen, hat es in den vergangenen 30 Jahren immer wieder Versuche gegeben, die Verfassung zu verändern, bisher ohne Erfolg."

Mit diesem Vorstoß wolle man auf friedliche und demokratische Weise aus der Krise herausfinden und einen echten Sozialpakt schließen. "Das ist möglich geworden Dank der Mobilisierung der Bevölkerung", sagte Quintana. Damit erfüllt die konservative Regierung eine der Hauptforderungen der Bevölkerung, die seit Mitte Oktober fast täglich auf die Straße gegangen ist. Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften wurden mindestens 20 Menschen getötet. Menschenrechtler kritisieren unverhältnismäßige Gewalt der Polizei.

Senatspräsident zeigt Einsicht

Der Vereinbarung zufolge soll die Bevölkerung im April entscheiden, ob sie eine neue Verfassung will und ob diese von einem dafür eigens gewählten Gremium oder in Zusammenarbeit mit Parlamentariern formuliert werden soll. Der fertige Gesetzestext soll ebenfalls der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt werden.

In Chile herrscht extreme Ungleichheit, das Bildungs- und Gesundheitssystem sind seit der Diktatur von Augusto Pinochet weitgehend privatisiert, die sich die einkommensschwachen Teile der Bevölkerung kaum leisten können. In der Verfassung ist die neoliberale Politik der Militärregierung festgeschrieben. Noch vor wenigen Tagen hatte der aktuelle Präsident, der konservative Millionär Sebastián Piñera, eine neue Verfassung abgelehnt.

Senatspräsident Quintana erklärte, Chile werde nach dem Prozess erstmals eine zu 100 Prozent demokratische Verfassung haben. "Wir sind verantwortlich für viele Ungerechtigkeiten, auf die uns die Chilenen aufmerksam gemacht haben." Die sollten nun behoben werden. Die Proteste entzündeten sich im Oktober an einer Erhöhung der Tarife für den Nahverkehr, die inzwischen wieder zurückgenommen wurde.

Quintana erinnerte zugleich an die Opfer der Proteste, an diejenigen, die getötet wurden, aber auch an diejenigen, deren Grundrechte verletzt wurden. "Wir wollen, dass Chile sich verändert. Die Botschaft der Bevölkerung war klar."

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