Proteste in Chile (Archivbild)
epd-bild/Salka Tennen
In einer Fernsehansprache rief der chilenische Präsident zu gemeinsamen Anstrengungen für Frieden auf. Die Regierung hatte sich am Sonntag dem Druck wochenlanger Proteste gebeugt und ein neues Grundgesetz angekündigt. Dennoch kam es zu neuen Ausschreitungen.
13.11.2019

Nach gewaltsamen Ausschreitungen bei neuen Massendemonstrationen in Chile hat Präsident Sebastián Piñera seine Landsleute zu gemeinsamen Anstrengungen für Frieden und soziale Gerechtigkeit aufgerufen. In einer Fernsehansprache appellierte der konservative Staatschef am Dienstagabend eindringlich an alle Chilenen und alle Parteien, sich gemeinsam für Gewaltverzicht, soziale Reformen und eine neue Verfassung mit einem Referendum einzusetzen, wie die Tageszeitung "La Tercera" (Mittwoch) berichtete.

Nach Informationen der Zeitung erwog der Präsident auch, den Ausnahmezustand zu verhängen. Um den geplanten Dialog mit der Opposition nicht zu erschweren, habe er sich aber dagegen entschieden. Die konservative Regierung hatte sich am Sonntag dem Druck wochenlanger Massenproteste gebeugt und ein neues Grundgesetz angekündigt. Dennoch gingen am Dienstag nach Medienberichten erneut mehr als 150.000 Menschen in der Hauptstadt Santiago und anderen Städten auf die Straße.

Regierung reagierte unverhältnismäßig hart

Mehr als 100 Organisationen hatten zu einem Generalstreik aufgerufen. Nach Angaben von "La Tercera" kam es zu Arbeitsniederlegungen, Straßenblockaden, Plünderungen und Brandstiftungen. Präsident Piñera kündigte ein strenges Vorgehen gegen alle Chilenen an, die zu Gewalttaten aufriefen oder sich daran beteiligten. Zugleich werde man auch keinerlei Menschenrechtsverletzungen dulden.

Laut Amnesty International hat die Regierung auf die seit Wochen anhaltenden Proteste unverhältnismäßig hart reagiert. Nach offiziellen Angaben wurden bei den Demonstrationen mindestens 20 Menschen getötet und Tausende festgenommen.

Gravierende Ungleichheit im Land

Die heute geltende Verfassung stammt aus der Diktatur von Augusto Pinochet (1973-1990), der eine neoliberale Politik verfolgte und beispielsweise das Bildungswesen privatisierte. Noch am Samstag hatte Präsident Piñera eine neue Verfassung abgelehnt.

Die Proteste hatten Mitte Oktober begonnen. Auslöser war eine Erhöhung der Fahrpreise in Santiago, die inzwischen zurückgenommen wurde. Die steigenden Lebenshaltungskosten und die gravierende Ungleichheit im Land sorgen seit langem für Unmut.

Die Regierung kündigte am Sonntag einen Dialogprozess an, um die Prioritäten der Bevölkerung zu erfassen. Der Mindestlohn sowie die Renten sollten angehoben, die Preise für Medikamente und Dienstleistungen wie Strom gesenkt werden.

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