Die Stadt Dortmund verstößt laut einem Gerichtsurteil mit presseähnlichen Beiträgen auf ihrem Nachrichtenportal gegen das Gebot der Staatsferne. Der Verband der Zeitungsverleger begrüßt die Entscheidung, gegen die aber Rechtsmittel möglich sind.
08.11.2019

Die Stadt Dortmund darf auf ihrer Internetseite keine presseähnlichen Beiträge einstellen. Mit ihrem Nachrichtenportal verstoße die Stadt gegen das Gebot der Staatsferne, urteilte das Landgericht Dortmund am Freitag. Der Berichterstattung einer Kommune seien enge Grenzen gesetzt. Die Richter gaben damit einer Unterlassungsklage des Dortmunder Verlagshauses Lensing-Wolff statt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der stellvertretende Leiter des Rechtsamtes der Stadt Dortmund, Dirk Arndts, bedauerte die Gerichtsentscheidung, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) äußerte sich dagegen erfreut. (AZ: 3 O 262/17)

Ob die Stadt Rechtsmittel einlege, werde entschieden, wenn das Urteil schriftlich vorliege, hieß es. Die Verwaltung habe aber schon Entgegenkommen gezeigt und sowohl Werbeanzeigen vom Portal genommen als auch die Sportberichterstattung beendet.

Zugang zu rund 60.000 Artikeln

Der Verlag, der die "Ruhr Nachrichten" herausgibt, hatte gegen den Internetauftritt der Stadt Dortmund vom 15. Mai 2017 geklagt, der Zugang zu rund 60.000 Artikeln verschaffte. Die Richter erklärten, von einzelnen Beiträgen abgesehen unterscheide sich die Gesamtschau sich "nicht wesentlich von dem Angebot eines privaten, digitalen Nachrichtenportals". Damit erhalte das Portal einen "pressesubstituierenden Gesamtcharakter".

Das sei aber nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zulässig, erklärte die 3. Zivilkammer des Landgerichts und verwies auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem vorigen Jahr. Der BGH habe 2018 den Rahmen für die Veröffentlichungen von Kommunen sowohl inhaltlich als auch in der Form der Aufmachung genau abgesteckt. Die Karlsruher Richter gaben damals der "Südwest Presse" recht und urteilten gegen die Stadt Crailsheim.

Der Staat dürfe kein Ersatz für die freie Presse sein

Lensing-Wolff hatte in dem Dortmunder Verfahren unter anderem mit Artikel 5 des Grundgesetzes argumentiert und erklärt, der Staat dürfe kein Ersatz für die freie Presse sein. Das Verhältnis von Politik und Medien sei durchaus von Auseinandersetzung geprägt. Empfinde eine Stadt eine Berichterstattung als zu negativ, könne sie nicht einfach ein eigenes Medium schaffen.

BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff bezeichnete das Urteil in Berlin als "klares Signal nicht nur an die Stadt Dortmund, sondern an alle Kommunen, sich aus verlegerischer Tätigkeit herauszuhalten". Gut 300 Tageszeitungen und mehr als 600 digitale Angebote versorgten die Bürger täglich mit örtlichen Informationen.

Nach Ansicht der Stadt Dortmund wird die Pressefreiheit von den Verlagen nur vorgeschoben, um eigene Informationslücken nicht offenbar werden zu lassen. Der digitale Wandel habe zu einer grundlegenden Umstrukturierung der Medienhäuser und veränderten Publikationen geführt. In der Folge würden viele Themen überhaupt nicht mehr berücksichtigt, hieß es. Umfassende Informationen und Meinungsvielfalt seien aber für ein demokratisches Zusammenleben in einer Stadt unerlässlich.

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