Flüchtlinge in einem überfüllten Schlauchboot (Archivbild)
epd-bild/Christian Ditsch
Verzögerte Evakuierung einer blutenden Schwangeren, tagelanges Ausharren an Bord: Für aus dem Mittelmeer gerettete Menschen greift noch immer kein Mechanismus für einen sicheren Hafen. Rund 200 Flüchtlinge warten auf "Alan Kurdi" und "Ocean Viking".
28.10.2019

Nach einem Notfall an Bord der "Alan Kurdi" erheben deutsche Seenotretter Vorwürfe gegen Malta. Die Evakuierung einer blutenden Schwangeren sei von Malta am Sonntag zunächst zugesichert, dann verschoben und schließlich aufgrund des Wetters abgesagt worden, erklärte die Regensburger Hilfsorganisation Sea-Eye am Montag. Die Frau aus Nigeria sei dann von der italienischen Küstenwache nach Lampedusa gebracht worden.

Die "Alan Kurdi" habe die maltesische Rettungszone durchquert, das Wetter sei gut gewesen, sagte der Arzt und Missionsleiter Jan Ribbeck. Formal sei Malta zuständig gewesen, die Evakuierung zu organisieren. Die Behörden hätten aber schließlich darauf verwiesen, dass das Schiff näher an Lampedusa liege. Vor der italienischen Insel wartete die "Alan Kurdi" am Montag weiter auf eine Genehmigung, rund 90 am Wochenende gerettete Flüchtlinge an Land bringen zu dürfen. In der Nacht habe ein Unwetter das Schiff getroffen, twitterte Sea-Eye. "Wir brauchen dringend einen sicheren Hafen."

Massiv bedroht

Bei ihrem Rettungseinsatz in internationalen Gewässern am Samstag war die Besatzung nach eigenen Angaben massiv von libyschen Einsatzkräften bedroht worden. Die Libyer hätten Schüsse in die Luft und in das Wasser abgegeben und die Waffen auf die Menschen im Wasser gerichtet. Außerdem hätten sie der Crew über Funk mit der Ausrichtung des Bordgeschützes auf ihr Schiff gedroht. Letztlich sei es aber gelungen, die Flüchtlinge auf die "Alan Kurdi" zu bringen. An Bord habe ein junger Mann allerdings seinen Bruder als vermisst gemeldet. Es sei nicht klar, ob der Vermisste von den libyschen Milizen entführt worden oder bei dem Rettungseinsatz ertrunken sei.

Unterdessen harrten am Montag weiter mehr als 100 Flüchtlinge auf dem Seenotrettungsschiff "Ocean Viking" auf dem Meer aus. Eineinhalb Wochen nach der Rettung müssten die Menschen dringend an Land gebracht werden, betonten die Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und "Ärzte ohne Grenzen", die das Schiff gemeinsam betreiben. Außerdem müsse endlich ein "berechenbarer und koordinierter Mechanismus" für das Ausschiffen von Geretteten eingeführt werden.

Auf wackeligen Beinen

Dazu hätten sich europäische Staats- und Regierungschefs schließlich schon mehrfach getroffen, erklärte Louise Guillaumat, stellvertretende Projektleiterin von SOS Méditerranée. "Jetzt werden wieder 104 Menschen in unerträglicher Unsicherheit auf dem Deck eines Rettungsschiffes alleingelassen." Das zeige, auf welch wackeligen Beinen das angekündigte EU-Projekt stehe, sagte Guillaumat. Nach Angaben der Seenotretter sind unter den Geretteten zehn Frauen, darunter zwei Schwangere, und zwei Babys.

Die spanische "Open Arms", die am Wochenende 44 Menschen aus dem Mittelmeer aufnahm, bekam hingegen nach eigenen Angaben zeitnah die Erlaubnis, die Geretteten nach Malta zu bringen. "Weniger als 24 Stunden hat Malta gebraucht, um sich für die 44 Geretteten zuständig zu fühlen, damit sie in einen sicheren Hafen können", erklärte Open-Arms-Direktor Oscar Camps am Sonntagabend auf Twitter. Es sei jedoch eine Pflicht, immer im Sinne internationaler Verträge zu handeln, nicht nur, wenn es die eigene Rettungs- und Sicherheitszone betreffe, betonte er.

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