Demonstration gegen Beschneidung im Jahr 2012
epd-bild / Rolf Zöllner
Die Rechte von Kindern sollen in der Verfassung einen eigenen Platz bekommen. Justizministerin Lambrecht will bis Jahresende einen Vorschlag vorlegen. Um die Details wird noch gerungen.
25.10.2019

Die Pläne für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz werden konkret. "Wir machen uns jetzt an die Arbeit, einen entsprechenden Entwurf bis Jahresende vorzulegen", kündigte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) am Freitag in Berlin an. Es gehe darum, dass Kinder besondere Berücksichtung erfahren, sagte sie. Das Bundesverfassungsgericht habe wiederholt auf die besondere Schutzwürdigkeit von Kindern hingewiesen. Das solle jetzt auch in der Verfassung abgebildet werden.

SPD und Union hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Am Freitag legte die dafür eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit Vertretern aus den Bereichen Justiz und Familie ihren Abschlussbericht vor. Sie plädiert dafür, spezifische Kinderrechte in Artikel 6 des Grundgesetzes zu ergänzen, der den Schutz von Ehe und Familie vorschreibt. Die Gruppe legt sich allerdings nicht fest, an welcher Stelle der insgesamt fünf Absätze.

Konkrete Formulierungen umstritten

Wesentlich umstrittener dürfte aber werden, wie die konkrete Formulierung aussehen soll. Die Arbeitsgruppe schlägt drei Varianten vor. Alle drei betonen die subjektiven Rechte für Kinder, schützen das Kindeswohl und die Beteiligung von Kindern. Sie unterscheiden sich aber in Nuancen, die sich in der Praxis grundlegend auswirken könnten.

So sieht die erste Variante vor, dass das Kindeswohl "angemessen" zu berücksichtigen ist, die zweite spricht von "wesentlich", die dritte von "vorrangig". In der ersten Variante, die die derzeitige Rechtsprechungspraxis abbilden soll, ist von "Achtung und Schutz" der Grundrechte von Kindern die Rede, die anderen beiden Varianten haben als Ergänzung auch die "Förderung" dieser Rechte.

Welche der Varianten letztlich umgesetzt wird - oder ob es am Ende eine vierte wird, ist noch offen. Voraussichtlich wird es davon abhängen, welcher Vorschlag die meisten Befürworter findet. Lambrecht betonte, eine Grundgesetzänderung brauche eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat. Zudem will sie das Eltern-Kind-Verhältnis nicht verändern: "Dabei geht es nicht darum, Elternrechte und die Elternverantwortung zu beeinträchtigen", betonte sie.

Gefahr der Überfrachtung des Grundgesetzes

Offen bleibt durch den Bericht der Gruppe auch, ob die Sorge für Kinderrechte als sogenanntes Staatsziel in die Verfassung aufgenommen werden soll. Dies würde über die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinausgehen, heißt es im Bericht der Arbeitgruppe. Dort gab es demnach unterschiedliche Auffassungen darüber, ob das geschehen soll oder ob das eher eine Überfrachtung des Grundgesetzes bedeuten würde.

Die Grünen, deren Zustimmung im Bundesrat zwingend gebraucht würde, plädierten für eine "vorrangige" Berücksichtigung des Kindeswohls, was der weitestgehenden Variante entspricht. "Eine schwache Formulierung, die keinen Mehrwert für die Kinder hat, werden wir nicht mittragen", erklärte die familienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Katja Dörner.

Auch das "Aktionsbündnis Kinderrechte", dem das Deutsche Kinderhilfswerk, der Deutsche Kinderschutzbund und Unicef Deutschland angehören, plädierte für die von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene dritte Variante. Neben Schutz- und Förderrechten müssten auch Beteiligungsrechte und die Vorrangstellung des Kindeswohls Einzug ins Grundgesetz finden, erklärte das Bündnis.

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