Felix Klein
epd-bild/Christian Ditsch
Eine neue Studie zeigt: Antisemitisches Denken nimmt in Deutschland zu. Der Regierungs-Beauftragte Klein zeigt sich alarmiert. Zentralratspräsident Schuster fordert, bei judenfeindlichen Äußerungen klar zu widersprechen, auch im Freundeskreis.
25.10.2019

Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sieht einen "neuen Höhepunkt" des Antisemitismus in Deutschland. "Antisemitismus war in bürgerlichen Kreisen in Deutschland immer vorhanden. Doch heute äußern sich die Menschen offener", sagte Klein den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag).

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, rief zu mehr Zivilcourage auf. "Im Freundeskreis, am Stammtisch - überall, wo Judenwitze gemacht oder auch fremdenfeindlich geredet wird", müsse deutlich widersprochen werden, sagte Schuster am Donnerstagabend im München.

Klein: Hemmschwellen sinken

Nach den Worten des Antisemitismus-Beauftragten Klein sind die Hemmschwellen gesunken, "zum Beispiel durch die Verbreitung von Hass und die Verrohung im Internet." In der politischen Kultur sei der Umgang ebenfalls rauer geworden, wozu auch die AfD beigetragen habe.

Klein reagierte auf eine neue Studie des Jüdischen Weltkongresses, wonach 27 Prozent aller Deutschen antisemitische Gedanken hegen. "Die bisherigen Umfragen gingen davon aus, dass rund 15 bis 20 Prozent der Deutschen latent antisemitische Einstellungen haben", erklärte Klein. "Der Israel-bezogene Antisemitismus in Deutschland liegt mit 40 Prozent sogar noch deutlich höher." Hier würden zum Beispiel die Handlungen der heutigen israelischen Regierung mit dem gleichgesetzt, was die Nationalsozialisten der jüdischen Bevölkerung in Europa angetan hätten.

"Spiegel vor den Nase halten"

Schuster rief dazu auf, antisemitischen Äußerungen klar entgegenzutreten. Es gehöre nicht sehr viel Mut dazu, bei solchen Worten anderen Menschen "mal den Spiegel vor die Nase zu halten", sagte der Zentralratspräsident bei einem Podiumsgespräch in München: "Ich glaube, dass man damit schon ein ganzes Stück weiterkommt."

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte bei der Podiumsdiskussion, alle, die öffentlich reden, seien in einer besonderen Verantwortung. Dies gelte "gerade auch in Wahlkämpfen, auch in Bierzelten". Bürger, die sich über ein vermeintliches Diktat der politischen Korrektheit beschwerten, müssten verstehen: "Bestimmte Dinge sind auch nicht politisch korrekt. Die darf man auch nicht sagen. Und dieser Grundkonsens darf sich auch nicht ändern.

"Antisemitismus ist Gotteslästerung", betonte der bayerische Landesbischof Bedford-Strohm. Er verwies auf den im Christentum verwurzelten starken Antijudaismus, der über Jahrhunderte tradiert worden sei - "das macht mich heute noch fassungslos", sagte er. Der christliche Glaube dürfe nicht für Menschenfeindlichkeit missbraucht werden, Christen sollten Gottes Liebe ausstrahlen.

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