Es sollte wie ein Suizid aussehen: Ein junges Mädchen in Bangladesch wird tödlich verletzt, weil sie dem Schulleiter sexuelle Übergriffe vorwarf. Nun zeigt die Justiz äußerste Härte: 16 Angeklagte wurden zum Tode verurteilt, darunter der Rektor.
24.10.2019

Am helllichten Tag wurde die 19-jährige Nusrat Jahan Rafi im April auf das Dach ihrer Schule in Bangladesch gelockt, mit Kerosin übergossen und in Brand gesteckt. Sie hatte ihren Schulrektor wegen sexueller Belästigung angezeigt und sich geweigert, die Anzeige zurückzuziehen. Vier Tage später starb sie an schwersten Verbrennungen. Am Donnerstag ergingen die Urteile: Ein Gericht verhängte gegen 16 Angeklagte die Todesstrafe wegen Ermordung der Schülerin.

Generalstaatsanwalt Hafez Ahmed lobte die Urteile. "Dies ist ein Erfolg für den Rechtsstaat", erklärte er laut der Tageszeitung "Dhaka Tribune". Er sprach von einem "Triumph der Menschlichkeit über die Unterdrückung". Der Rechtsberater der Regierung, Mahbubey Alam, nannte das Urteil einen Meilenstein.

Nur sieben Monate hat das Verfahren gegen die 16 Angeklagten gedauert. Dies ist ungewöhnlich in dem islamischen Land, in dem sich Ermittlungen und Prozesse über Jahrzehnte hinziehen können und sexuelle Straftaten oft gar nicht verfolgt werden.

Tagelange Proteste nach Ermordung

Doch der bestialische Mord an der Schülerin in der Stadt Feni, 160 Kilometer von der Hauptstadt Dhaka entfernt, hatte so viel Empörung ausgelöst, dass sich Regierungschefin Sheikh Hasina gezwungen sah, die Lage nach tagelangen Massenprotesten zu beruhigen und eine konsequente Verfolgung der Schuldigen zu versprechen.

Die Schülerin war aus Rache für ihre Haltung ermordet worden, es sollte wie ein Suizid aussehen. Unter den 16 Verurteilten sind der Rektor, zwei weitere Lehrer und zwei Mitschülerinnen. Sie müssen der Familie auch eine Entschädigung zahlen. Gegen die Todesurteile können sie beim Obersten Gericht in Berufung gehen. Die Verteidigung hat dies bereits angekündigt.

Trotz ihrer Brandwunden hatte es die Schülerin noch geschafft, Hilfe zu suchen und Angaben über die Täter zu machen. Ihr Bruder filmte ihre Aussage, dass der Rektor sie unsittlich berührt habe und sie bis zum letzten Atemzug gegen dieses Verbrechen vorgehen werde.

Ungewöhnlicher Schritt

Die Polizei hatte die Anzeige wegen sexueller Belästigung zunächst gar nicht verfolgen wollen, wie der britisch Sender BBC berichtete. Einflussreiche Persönlichkeiten setzten Rafis Familie unter Druck. Den Angaben zufolge wurde der Rektor aber dann festgenommen. Er soll aus dem Gefängnis heraus den Mord angestiftet haben.

In einem für das konservative Land ungewöhnlichen Schritt ordnete die Regierung nach dem Mord an Rafi an, in 27.000 Schulen des Landes Kommissionen zu bilden, um gegen sexuelle Gewalt vorzugehen. Das Thema ist in Bangladesch noch stark tabuisiert. Die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" erklärte, sie unterstütze die Todesstrafe wegen ihrer Grausamkeit nicht, doch es sei positiv, dass die Behörden die Täter verurteilt hätten.

Nur wenige Wochen nach dem Mord an Rafi wurde eine 24-jährige Krankenschwester aus Dhaka von einer Gruppe von Männern in einem fahrenden Bus vergewaltigt und anschließend ermordet. Hunderte Menschen, darunter ihre Kollegen, protestierten vor dem Krankenhaus in Dhaka und verlangten Gerechtigkeit für die junge Frau.

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