Gedenken an friedliche Revolution vom 9. Oktober 1989 in Leipzig (Archivbild)
epd-bild/Peter Endig
70.000 Menschen protestierten am 9. Oktober 1989 in Leipzig gegen das SED-Regime der DDR, es war ein Höhepunkt der friedlichen Revolution. Am 30. Jahrestag rief Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dazu auf, von den Mutigen von damals zu lernen.
09.10.2019

Mit einem Festakt im Gewandhaus haben in Leipzig am Mittwoch die Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag der entscheidenden Montagsdemonstration in der DDR begonnen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) würdigten die Leistungen der Revolutionäre von 1989 und forderten Wertschätzung für das seitdem Erreichte. Am Nachmittag waren ein Friedengebet in der Leipziger Nikolaikirche und das traditionelle Lichtfest in der Innenstadt mit Tausenden Teilnehmern geplant.

"Sie haben unserer Demokratiegeschichte einen wichtigen Teil hinzugefügt", sagte Steinmeier in Richtung der Akteure der friedlichen Revolution. Ihnen gebühre Respekt und Dank aus Ost wie West. "Der 9. Oktober war ein großer Tag in der deutschen Geschichte", betonte Steinmeier. 30 Jahre danach sei es nun an der Zeit, dass die Geschichten, die während des Umbruchs erlebt wurden, Teil "unseres gemeinsamen Wir werden". Die Erfahrung der Ostdeutschen sei "unglaublich wertvoll", betonte Steinmeier.

Starkes, aber auch verunsichertes Land

Heute sehe er ein starkes, aber auch ein verunsichertes Land vor sich, "in dem sich Risse auftun", sagte das Staatsoberhaupt in seiner Rede weiter. Steinmeier warb für einen neuen "Solidarpakt der Wertschätzung" in der Gesellschaft und rief dazu auf, einander besser zuzuhören. "Wer andere abschreibt, ausgrenzt oder aufgibt, der hat auch Demokratie schon aufgegeben", erklärte Steinmeier.

Zugleich betonte er, in einer Demokratie gebe es das Volk immer nur im Plural: "Kein Einzelner und keine Gruppe darf jemals wieder für sich beanspruchen, allein für das selbst ernannte, wahre Volk zu sprechen." Demokratie ohne mutige Demokraten - "das kann nicht funktionieren", mahnte der Bundespräsident die Bürger zur Verantwortung und erklärte: "Es würde unserem Land gut tun, wenn wir das vielfältige Erbe der friedlichen Revolution fürs Heute nutzen."

Mit Blick auf die deutsche Einheit erklärte Steinmeier, er wünsche sich, "dass wir in den hinter uns liegenden Jahren und Jahrzehnten nicht nur eine lange Kette von Brüchen, Krisen und Zumutungen sehen". Man müsse stattdessen die Menschen sehen, die riesige Aufgaben geschultert und bewältigt hätten. Die Einheit sei ein "gewaltiges Werk" gewesen, das vor allem den Menschen im Osten viel abverlangt habe.

"Wir sind die Gewinner der deutschen Einheit"

Der Bundespräsident forderte, über seit 1990 gemachte Fehler zu reden und sie zu korrigieren. Dies sei Aufgabe der Politik. Sie müsse sich kümmern um Kindergärten, Schulen, Busverbindungen, Feuerwehr, Hebammen, Hausärzte, Jobperspektiven und Internet.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erinnerte an das Fehlen von Meinungsfreiheit und unabhängiger Justiz sowie die Inhaftierung Oppositioneller in der DDR. Diese sei ein Unrechtsstaat gewesen, betonte er. Es sei wichtig, dies auch so auszusprechen, denn nur so könne das Erreichte aus dem Herbst 1989 heute angemessen gewürdigt werden. "Wir sind die Gewinner der deutschen Einheit - alle in Deutschland, aber die Ostdeutschen noch einmal mehr", betonte Kretschmer.

Ausgehend von mehreren evangelischen Kirchen hatten in Leipzig am 9. Oktober 1989 rund 70.000 Menschen friedlich gegen die SED-Diktatur demonstriert. Das Ereignis gilt heute als entscheidende Wegmarke der friedlichen Revolution. Einen Monat später fiel die Berliner Mauer.

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