Das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos (Archivbild)
epd-bild/Ralf Maro/version-foto.de
Brände und Unruhen sind im griechischen Camp Moria nicht selten. Auf engstem Raum harren dort Tausende Flüchtlinge aus. Nachdem eine Frau und ein Kind bei einem Feuer sterben, fordern Helfer die Evakuierung.
30.09.2019

Nach dem Tod einer Frau und eines Kindes bei einem Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria fordern Hilfsorganisationen die Evakuierung der Bewohner. Die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" erklärte am Montag über den Kurznachrichtendienst Twitter: "Keiner dieser Menschen sollte hier sein - vor allem nicht die Kinder." Die Flüchtlinge aus dem berüchtigten Camp auf der griechischen Insel Lesbos müssten unverzüglich an einen sicheren Ort gebracht werden, um weitere Tragödien zu verhindern. Ähnlich äußerte sich Pro Asyl. Die Bundesregierung pocht indes auf eine schnellere Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei.

Im Gebiet des Camps waren laut griechischen Medien am Sonntag Feuer ausgebrochen. Laut der Athener Zeitung "Kathimerini" kam es daraufhin zu Unruhen. Unter Berufung auf das Gesundheitsministerium schrieb das Blatt, dass neun Männer, sechs Frauen und vier Kinder mit Verletzungen behandelt wurden. Das Aufnahmezentrum in Moria ist für 3.000 Menschen ausgelegt. Meist halten sich dort aber mindestens dreimal so viele Menschen auf - Pro Asyl geht von derzeit rund 12.500 Personen aus.

Stinkende Berge von Müll

Laut dem Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt herrscht in dem Lager die "nackte Verzweiflung". Burkhardt war vor gut einer Woche vor Ort. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) schilderte er die Lage: "Die Menschen leben in gedrängter Enge in improvisierten Zeltansammlungen, wo allein die Nähe schon menschlich inakzeptabel ist." Die Zeltlager seien ausgedehnt worden in die umliegenden Olivenhaine und es türmten sich stinkende Berge von Müll, der nicht entsorgt werde. Es sei ein Massenslum, in dem Menschen über Wochen, Monate, zum Teil über Jahre festsäßen ohne Perspektive.

Laut Pro Asyl sitzen auch Minderjährige mit Angehörigen in Deutschland derzeit in Moria und anderen Camps fest. Zahlreiche Übernahmegesuche seien allein aus dem Grund abgelehnt worden, dass Griechenland die Frist zur Stellung des Gesuchs verpasst habe und Deutschland deswegen nicht mehr zuständig sei.

"Tragödie, die auch uns bestürzt"

Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte dies nicht. Er sagte, Deutschland habe in diesem Jahr bis Ende August 1.102 Übernahmeersuchen aus Griechenland erhalten und 409 Zustimmungen erteilt. In diesem Jahr seien 521 Personen aus Griechenland nach Deutschland übernommen worden. Aus Sicht des Ministeriums funktioniere das "reibungslos".

Regierungssprecher Steffen Seibert bezeichnete den Brand im Moria-Camp als "Tragödie, die auch uns bestürzt". Die griechische Regierung arbeite derzeit intensiv an Lösungen angesichts der zum Teil sehr schwierigen Lage auf den Inseln, und die Europäische Union stehe bereit, substanzielle Hilfe zu leisten. "Ein Schlüssel" sei dabei in der EU-Türkei-Erklärung zu finden: So müsse die Zahl der Rückführungen rasch und deutlich gesteigert werden.

1.905 Flüchtlinge zurück in die Türkei gebracht

Das EU-Türkei-Abkommen wurde im März 2016 geschlossen, um die Flucht von Syrern, Irakern und Afghanen in Booten über die Ägäis nach Europa zu stoppen. Die Vereinbarung sieht vor, dass in Griechenland anlandende Bootsflüchtlinge wieder in die Türkei zurückgeschickt werden. Für jeden syrischen Flüchtling, der darunter ist, soll die EU einen anderen Bürgerkriegsflüchtling aus der Türkei aufnehmen.

Nach Auskunft des Innenministeriums von Mitte September wurden aber seit Inkrafttreten der EU-Türkei-Erklärung im Frühjahr 2016 gerade einmal 1.905 Flüchtlinge zurück in die Türkei gebracht. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken aus dem Frühjahr wurden 2018 322 Asylsuchende im Rahmen des Abkommens abgeschoben, fast 5.000 haben im selben Jahr Griechenland freiwillig verlassen.

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