Urteil im Missbrauchsfall Lügde gefallen (Themenfoto)
epd-bild / Steffen Schellhorn
Der Prozess um den vielfachen Kindesmissbrauch in Lügde ist mit hohen Haftstrafen zu Ende gegangen. Die Urteile wurden begrüßt. Zugleich mahnten Politiker und Kinderschutzexperten Konsequenzen an.
05.09.2019

Im Prozess um den hundertfachen Kindesmissbrauch in Lügde sind die Hauptangeklagten zu 13 und 12 Jahren Haft verurteilt worden. Die beiden Täter sollen anschließend in eine Sicherungsverwahrung, wie das Landgericht Detmold am Donnerstag bei der Urteilsverkündung erklärte. (AZ: 23 KLs 14/19) Zustimmung für die Urteile kamen von dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung sowie von Politikern der Bundes- und Landespolitik. Zugleich wurde als Konsequenz mehr Schutz für Kinder und eine Aufarbeitung der Ermittlungspannen gefordert.

Laut Gericht haben der 56-jährige Andreas V., der auf einem Campingplatz im lippischen Lügde nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen lebte, und der 34-jährige Mitangeklagte Mario S. sich in rund 400 Fällen des Kindesmissbrauchs schuldig gemacht. "Diesen Menschen haben Sie unermessliches Leid zugefügt", sagte die Vorsitzende Richterin Anke Grudda bei der Urteilsverkündung. Das Gericht habe bei beiden Tätern nicht den Eindruck, dass ihnen bewusst sei, welch schwere Schuld sie auf sich geladen hätten.

Strafmaß weitgehend ausgeschöpft

Dass die beiden Männer nicht die 15-jährige Höchststrafe erhielten, begründete Grudda unter anderem mit den Geständnissen der Männer. Dadurch sei es vielen Kindern und Jugendlichen erspart worden, vor Gericht noch einmal detailliert die Übergriffe schildern zu müssen. Auch seien beide Männer nicht vorbestraft. Ein 49-jähriger Mitangeklagter aus dem niedersächsischen Stade war in einem abgetrennten Verfahren bereits am 17. Juli wegen Anstiftung zum schweren Missbrauch und Beihilfe zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden (AZ: 23 KLs 20/19).

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, begrüßte die hohen Haftstrafen. Das Gericht habe das mögliche Strafmaß weitgehend ausgeschöpft und damit "auch das wichtige Signal gesendet, dass der Rechtsstaat diese schweren Verbrechen an Kindern hart bestraft", erklärte Rörig am Donnerstag in Berlin.

Mehr Prävention gefordert

Auch Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) bezeichnete das Urteil als ein "gutes Signal". Zugleich komme es darauf an, mehr für die Prävention zu tun, sagte sie in Berlin. "Was wir brauchen, ist eine stärkere Arbeit in den Ländern", sagte sie und unterstützte die Forderung des Missbrauchsbeauftragten Johannes-Wilhelm Rörig nach Missbrauchsbeauftragten in den Ländern.

Die Deutsche Kinderhilfe forderte ebenfalls weitere Konsequenzen für den Kinderschutz. Um Fehlerquellen zu identifizieren, müssten die Strukturen von Polizei und Jugendamt im Umgang mit Kinderschutzfällen untersucht werden, erklärte die Kinderhilfe in Berlin. Nötig seien zudem spezielle Fachkräfte für den Bereich sexueller Gewalt.

"Hier werden Menschenleben zerstört"

Der nordrhein-westfälische Familienminister Joachim Stamp (FDP) erklärte, mit den Urteilen bestehe die Hoffnung, dass von den Tätern keine Gefahr mehr ausgehe. Zugleich sprach er sich erneut für eine Verschärfung des Strafrechts bei sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen aus: "Hier werden Menschenleben zerstört, und das muss sich auch im Strafrecht niederschlagen", sagte Stamp am Donnerstag im Familienausschuss des Düsseldorfer Landtages.

Der Polizei und den Jugendbehörden im Kreis Lippe wird massives Versagen vorgeworfen. So sollen die Behörden vorliegenden Hinweisen auf pädophile Täter jahrelang nicht nachgegangen sein. Die Vorwürfe richten sich auch gegen den benachbarten Landkreis Hameln-Pyrmont.

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