Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe (Archivbild)
epd-bild/Uli Deck
Fast 100 Grad heiß war das Wasser, in dem eine geistig behinderte Heimbewohnerin in Bremen mit Erlaubnis einer Betreuerin baden ging. Die Folge waren schwere Verbrennungen. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs hätte das verhindert werden müssen.
22.08.2019

Wohnheime für behinderte Menschen müssen die ihnen anvertrauten Bewohner vor Verbrühungen beim Baden schützen. Hierzu müsse der Heimträger die geltenden DIN-Normen für die Trinkwasser-Installationen einhalten, die die Heißwasser-Temperatur begrenzen, oder aber ein Betreuer beaufsichtigt das Baden, urteilte am Donnerstag der Bundesgerichtshof (BGH). Anderenfalls könne bei einem Unfall Anspruch auf Schadenersatz bestehen. (AZ: III ZR 113/18)

Im aktuellen Fall ging es um eine 50-jährige geistig behinderte Heimbewohnerin aus Bremen, die mit Erlaubnis einer der Betreuerinnen baden ging. Hierzu ließ sie in eine in der Dusche bereitgestellte Sitzbadewanne heißes Wasser ein. In der Vergangenheit hatte sie schon mehrfach alleine gebadet.

Heimbewohner informierte Pfleger

Doch anders als früher war das einfließende Wasser extrem heiß. Die Frau erlitt an Füßen und Unterschenkeln schwerste Verbrühungen. Sie konnte nur schreien, sich aber nicht selbst aus der Situation befreien. Erst als ein anderer Heimbewohner eine Pflegekraft informierte, wurde ihr geholfen.

Infolge der Verbrühungen wurden mehrere Hauttransplantationen erforderlich. Dabei infizierte sich die 50-Jährige mit einem multiresistenten Keim. Mittlerweile ist sie aufgrund des Unfalls auf einen Rollstuhl angewiesen. Die rechtlich von ihrer Mutter vertretene Frau verlangte mindestens 50.000 Euro Schmerzensgeld und eine monatliche Rente von 300 Euro.

Wasser fast 100 Grad heiß

Der Heimbetreiber habe sich nicht an der DIN Norm EN 806-2 gehalten. Diese Norm für Krankenhäuser, Kindergärten oder Pflegeheime empfehle bei Trinkwasserinstallationen eine Wassertemperatur von nur 38 Grad bis höchstens 43 Grad Celsius. Im vorliegenden Fall müsse die Wassertemperatur aber fast 100 Grad gewesen sein.

Der BGH verwies das Verfahren zwar an die Vorinstanz zurück, gab der Klägerin aber im Grundsatz recht. Heimbetreiber hätten die Pflicht, anvertraute Bewohner vor Gefahren zu schützen. Dazu gehöre auch, sie vor Verbrühungen zu bewahren. Dies könne geschehen, indem die Wasserinstallationen entsprechend angepasst werden oder indem ein Betreuer oder eine Betreuerin das Baden beaufsichtigt. Ob die Klägerin als schutzbedürftige Person anzusehen ist, muss nun das Oberlandesgericht Bremen noch einmal prüfen.

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