Konventionelle Schweinezucht (Archivbild)
epd-bild/Uwe Lewandowski
In der Debatte um eine artgerechtere Tierhaltung in der Landwirtschaft werden Stimmen nach einer höheren Besteuerung von Fleisch laut. Diskussionen gibt es vor allem um die verschiedenen Modelle zur Umsetzung.
07.08.2019

Politiker von SPD, Grünen und Union haben eine stärkere Besteuerung von Fleisch ins Gespräch gebracht. "Ich bin dafür, die Mehrwertsteuerreduktion für Fleisch aufzuheben und zweckgebunden für mehr Tierwohl einzusetzen", sagte der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Friedrich Ostendorff der Zeitung "Die Welt" (Mittwoch). Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sieht Steuererhöhungen für mehr Tierwohl skeptisch. Auch der Deutsche Tierschutzverband kritisiert eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte.

Laut einer Erhebung, die das Statistische Bundesamt diesen Mittwoch veröffentlicht hat, wurden bis Ende Juni dieses Jahres 29,4 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde geschlachtet. Den Angaben nach produzierten die Schlachtbetriebe einschließlich des Geflügels in den ersten sechs Monaten von 2019 fast vier Millionen Tonnen Fleisch.

Klöckner: "Auch der Verbraucher an der Ladenkasse hat es in der Hand"

Albert Stegemann von der CDU befürwortet der Zeitung "Die Welt" zufolge eine eigene Fleischsteuer. Die Einnahmen aus der Steuer müssten aber genutzt werden, um die Tierhalter in Deutschland beim Ausbau der Ställe zu unterstützen, sagte er. Zuvor hatte sich neben Ostendorff auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Rainer Spiering dafür ausgesprochen, die Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte von sieben auf 19 Prozent zu erhöhen.

Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner sagte zu dem Vorschlag, das Geld für den Tierschutz müsse nicht automatisch aus Steuererhöhungen kommen. Sie warnte davor, dass die Kosten für mehr Tierwohl nicht allein die Bauern stemmen könnten. "Auch der Verbraucher an der Ladenkasse hat es in der Hand, welche Wirtschaftsweise er mit seinem Konsum und seinem Geldschein unterstützt." Ein Tierwohlkennzeichen, das dem Verbraucher beim Kauf klare Orientierung gebe, könne dabei helfen.

Eine Sprecherin des Finanzministeriums fügte hinzu, Steuereinnahmen dürften grundsätzlich nicht zweckgebunden sein. Die Einnahmen könnten nur dann für bestimmte Zwecke verwenden werden, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben oder im Haushaltsplan zugelassen sei - was aber bei der Mehrwertsteuer grundsätzlich nicht der Fall sei.

Der Deutsche Tierschutzbund kritisierte die Forderungen

Der Deutsche Tierschutzbund kritisierte die von den agrarpolitischen Sprechern der Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen ins Gespräch gebrachte Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch. "Die Gefahr an einer Steuer ist, dass sie direkt in den Bundeshaushalt fließt und für alles Mögliche verwendet werden kann", sagte Lea Schmitz, Sprecherin des Deutschen Tierschutzbundes, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch.

Der Verband fordert stattdessen eine "Fleischabgabe von wenigen Cent pro Kilogramm Fleisch." Die Einnahmen sollen zweckgebundenen in den Ausbau der Ställe investiert werden. Mittel aus dem Bundeshaushalt oder der EU reichten bislang nicht aus.

Laut Stefan Bach, Steuerexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, kann der Gesetzgeber die Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte "mit einem Federstrich praktisch von heute auf morgen erhöhen." Hier gebe es keine großen Probleme bei der Umsetzung, höchstens Abgrenzungsprobleme bei Mischprodukten wie Leberkäse, Fleischwurst und Buletten. Seinen Berechnungen nach könne der Staat mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer von Fleischprodukten auf 19 Prozent 2,8 Milliarden Euro im Jahr mehr einnehmen.

FDP, AfD und Linke gegen eine Erhöhung

Eine gesonderte Abgabe auf Fleischprodukte sei technisch aufwendiger und schwerer umsetzbar, da eine neue Verbrauchsteuer eingeführt werden müsse, fügte Bach hinzu. Bei der Mehrwertsteuer könne man an das bestehende System andocken. Der Nachteil an dem Mehrwertsteuer-Modell sei aber, dass der Preis für ökologisch und nachhaltig hergestelltes Bio-Fleisch steigt. Das sei eine Fehllenkung.

Bei der gesonderten Fleischsteuer dagegen könnten die besonderen Produktionsbedingungen berücksichtigt werden, sagte Bach. Zudem sei eine reine Mehrwertsteuererhöhung für ärmere Menschen ungerecht. Sie könne aber ausgeglichen werden, wenn der Mehrwertsteuersatz der übrigen Lebensmittel von sieben auf sechs Prozent gesenkt würde. Da müsse man sich aber entscheiden, ob man das Geld für die soziale Gerechtigkeit oder in Förderprogramme zum Tierwohl investieren wolle.

Politiker von FDP, AfD und Linke sprachen sich gegen eine Erhöhung der Abgaben auf Fleischprodukte generell aus.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.