In Deutschland entsteht ein neuer Kabelnetzriese: Vodafone darf nach einer Entscheidung der EU-Kommission den kleineren Konkurrenten Unitymedia übernehmen. Damit steht der deutsche Telekommunikationsmarkt vor grundlegenden Veränderungen.
18.07.2019

Die EU-Kommission hat die Übernahme des deutschen Kabelnetzanbieters Unitymedia durch den Konkurrenten Vodafone genehmigt. Bedingung ist, dass Vodafone die angebotenen Zugeständnisse an Wettbewerber auch umsetzt, wie die Kommission am Donnerstag in Brüssel mitteilte. Damit entsteht ein bundesweiter Kabelnetzriese: Unitymedia versorgt bislang die Netze in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg, Vodafone ist in den übrigen 13 Bundesländern tätig.

Zugleich entsteht mit der Fusion einer der größten deutschen Telekommunikationsanbieter, denn über die Kabelnetze werden viele Haushalte nicht mehr nur mit Fernsehsignalen versorgt, sondern auch mit schnellem Internet und Festnetz.

Zu dem Deal zwischen Vodafone und dem Unitymedia-Mutterkonzern Liberty Global gehört auch der Verkauf der Liberty-Ableger in Tschechien, Ungarn und Rumänien, den die Brüsseler Wettbewerbsbehörde nun ebenfalls genehmigte - in den osteuropäischen Ländern ohne Auflagen. Vodafone und Liberty rechnen damit, dass der insgesamt rund 19 Milliarden Euro schwere Deal bis Ende Juli abgeschlossen sein wird.

Der EU-Kommission reichten die Zugeständnisse aus

Bekanntgegeben worden waren die Übernahme-Pläne im Mai 2018, scharfe Kritik kam etwa vom Vodafone-Hauptkonkurrenten Deutsche Telekom, aber auch von kleinen und mittelständischen Glasfaseranbietern und dem Privatsenderverband Vaunet. Zusammen bedienen Unitymedia und Vodafone knapp 14 Millionen der insgesamt rund 17 Millionen deutschen Haushalte, die über das Kabel fernsehen. Nach dem Satellitenfernsehen ist das Kabelnetz die Nummer zwei der TV-Übertragungswege in Deutschland.

Vodafone hatte im Rahmen der EU-Prüfung zugesagt, seine deutschen Netze für den Mitbewerber Telefónica (O2) zu öffnen, der darüber künftig etwa Breitband-Anschlüsse und internetbasierte Fernsehdienste anbieten könne. Zudem verpflichtete sich das Unternehmen, die Gebühren, die TV-Sender für ihre Verbreitung im Kabelnetz zahlen müssen, nicht zu erhöhen. Vodafone sicherte außerdem zu, die Online-Verbreitung von Fernsehprogrammen über sein Breitbandnetz zu verbessern.

Damit reagierte der Konzern auf Bedenken, die die Kommission für den deutschen Markt angemeldet hatte: Sie hatte drohende Nachteile für Endkunden auf dem Festnetz-Breitbandmarkt und Fernsehsender befürchtet. Am Ende reichten der Brüsseler Behörde die Zugeständnisse aus: Die Genehmigung werde unter der Auflage erteilt, dass Vodafone sie in vollem Umfang einhält, erklärte die Kommission nun.

Telekom kritisierte die Entscheidung

Kritik an der Entscheidung kam von der Telekom. "Wir sind überzeugt, dass die Auflagen nicht ausreichen, negative Auswirkungen im Bereich der Medien- und Programmvielfalt abzuwenden", sagte Telekom-Sprecher Henrik Schmitz dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Telekom werde die Brüsseler Entscheidung intensiv analysieren und dann entscheiden, ob sie gerichtlich dagegen vorgeht. Der Konzern hatte sich Anfang des Jahrtausends auf Drängen der EU-Kommission von seinen deutschlandweiten TV-Kabelnetzen getrennt, um den Markt für Wettbewerber zu öffnen.

"Ab heute wächst zusammen, was zusammengehört", erklärte dagegen Hannes Ametsreiter, Deutschland-Chef von Vodafone: "Damit schaffen wir nach fast zwei Jahrzehnten der Trennung wieder ein vereinigtes Kabelnetz in ganz Deutschland." Sein Unternehmen werde nun umfassend in den Netzausbau investieren, um bis Ende 2022 insgesamt 25 Millionen deutsche Haushalte mit Gigabit-Internet zu versorgen.

Seit Ende vergangenen Jahres hatte die EU-Kommission die Pläne geprüft. Das Bundeskartellamt wollte die Fusion, soweit sie Deutschland betrifft, ursprünglich selbst untersuchen. Die Generaldirektion Wettbewerb unter Leitung von Kommissarin Margrethe Vestager beließ den Fall jedoch in Brüssel.

Vodafone Deutschland ist Teil des britischen Vodafone-Konzerns, Liberty Global wird von dem US-amerikanischen Medienunternehmer John Malone kontrolliert.

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