Rettungsaktion auf dem Mittelmeer (Archivbild)
epd-bild/Christian Ditsch
Wieder hat ein deutsches Schiff Flüchtlinge gerettet und sucht einen Hafen. Ein italienisches Segelschiff hofft unterdessen auf Malta. Zugleich wurden Details zu einem Unglück bekannt, bei dem mehr als 80 Migranten im Mittelmeer ertranken.
05.07.2019

Nach dem Drama um die "Sea-Watch 3" ist es zu neuen Rettungsaktionen und einem Schiffsunglück im Mittelmeer gekommen. Das deutsche Schiff "Alan Kurdi" der Regensburger Hilfsorganisation Sea-Eye nahm nach eigenen Angaben am Freitag 65 Menschen aus einem in Seenot geratenen Schlauchboot vor der libyschen Küste an Bord. Zunächst war nicht absehbar, ob dem Schiff ein ähnlich langes Ausharren auf See droht wie der "Sea-Watch 3", die mit Geretteten 17 Tage im Mittelmeer kreuzen musste.

Bereits am Donnerstag hatte das Segelschiff "Alex" der italienischen Hilfsorganisation "Mediterranea Saving Humans" in libyschen Gewässern 54 Bootsflüchtlinge gerettet. Nachdem der italienische Innenminister Matteo Salvini die Einfahrt in italienische Gewässer verweigert hätte, habe Malta die Aufnahme der Geretteten angeboten, teilte die Organisation per Twitter mit. Das Schiff könne die Flüchtlinge aber nicht selbst an Land bringen und warte dringend auf ein Boot der Küstenwache.

Hoffen auf ein besseres Leben

Zugleich kam es zu einem Bootsunglück vor der tunesischen Küste. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) erklärte in Genf, mehr als 80 Migranten seien beim Kentern ihres Bootes gestorben. Nach Angaben von Überlebenden war das Boot mit 86 Menschen am frühen Montag von Swara in Libyen aus mit Ziel Europa in See gestochen. Einige Stunden später sei Wasser eingedrungen, Passagiere hätten panisch reagiert. Einer der überlebenden Augenzeugen sei in einem Krankenhaus in Tunesien gestorben, hieß es.

Laut der IOM kamen in diesem Jahr bereits 426 Migranten auf der zentralen Mittelmeerroute, die von Libyen nach Italien führt, ums Leben. Rund 3.750 Menschen seien abgefangen und in Internierungslager in Libyen gebracht worden. Viele Menschen, die in die kaum seetauglichen Schlepperboote steigen, stammen aus armen und konfliktgeplagten Staaten Afrikas. Sie hoffen auf ein besseres Leben in Europa.

Erste Kontakte zur "Alan Kurdi"

Die Crew der deutschen "Alan Kurdi" berichtete, sie habe das überladene Schlauchboot 34 Seemeilen vor der Küste Libyens entdeckt. Das Boot habe ausreichend Treibstoff, aber weder ein GPS-fähiges Telefon noch andere Navigationshilfen gehabt. Offenbar sei das Boot mehr als zwölf Stunden auf dem Meer gewesen. "Ohne ein GPS-fähiges Telefon oder nautische Grundkenntnisse hätten diese jungen Menschen vermutlich keinen Ort erreicht und wären verschwunden", sagte Gorden Isler, Einsatzleiter auf der "Alan Kurdi".

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte in Berlin, dass es bereits erste Kontakte zur "Alan Kurdi" gebe, an deren Bord sich auch eine Journalistin befinde. Ziel sei, eine schnelle Lösung zu finden. Es gehe darum, einen sicheren Hafen auszumachen und zu einer Verteilung der Geretteten zu kommen. Italien verweigert Rettungsschiffen das Anlegen. Zuletzt harrte die "Sea-Watch 3" mit mehreren Dutzend Geretteten mehr als zwei Wochen im Mittelmeer aus, bis Kapitänin Carola Rackete ohne Erlaubnis in den Hafen von Lampedusa einfuhr, weil sie Gesundheit und Leben der Menschen an Bord in Gefahr sah. Rackete droht nun ein Strafverfahren.

Seenotrettung trifft in der deutschen Bevölkerung auf Zustimmung

Wohin die "Alan Kurdi" steuern kann, blieb unklar. Sea-Eye erklärte, die Rettungsleitstellen in Tripolis, Rom und Valletta seien informiert. Die libyschen Behörden hätten nicht geantwortet. Die stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, Martina Fietz, sagte am Freitag in Berlin, noch gebe es keine Anfrage zur Aufnahme der Menschen an Bord. Die Sprecherin von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verwies darauf, dass sich Deutschland bislang in allen Fällen an der Aufnahme beteiligt hat.

Die Seenotrettung im Mittelmeer trifft in der deutschen Bevölkerung auf breite Zustimmung. Rund drei Viertel (72 Prozent) der Bundesbürger finden es gut, dass dort private Initiativen Flüchtlinge retten, wie eine ARD-Umfrage ergab. Für Samstag hat die Organisation Seebrücke zu einem bundesweiten Aktionstag aufgerufen.

An mehr als 70 Orten wollen Menschen aus Solidarität mit den Seenotrettern auf die Straße gehen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, unterstützt die Aktion und will an einer Seebrücke-Demonstration in Magdeburg teilnehmen.

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