Ökonom Dennis Görlich
epd-bild/IfW Kiel/Studio 23
Länder wie Bangladesch, Kambodscha oder Pakistan sind von der Textilindustrie abhängig. Die künftige Automatisierung der Industrie könne die asiatischen Länder in große Schwierigkeiten bringen, sagt der Ökonom Dennis Görlich.
04.07.2019

In der Textilindustrie ist nach Einschätzung des Ökonomen Dennis Görlich in einigen Jahren weltweit eine große Welle der Automatisierung zu erwarten, die asiatische Länder in große Schwierigkeiten bringen kann. "Die Freisetzung einer großen Zahl von Arbeitskräften ist sehr wahrscheinlich", sagte der Leiter des Global Challenges Center am Institut für Weltwirtschaft in Kiel dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Alles ist automatisierbar, was aus Routinetätigkeiten besteht, die standardisierbar sind."

Textilexport-Staaten sollten sich gegen Technologieschocks wappnen. In Bangladesch bestritten Textilien 90 Prozent der Exporteinnahmen, in Kambodscha mehr als 70 Prozent, in Pakistan 60 Prozent. "Diese Länder sind extrem abhängig vom Textilsektor. Das ist ein ernsthaftes Problem", warnte Görlich. "Im Moment können die Roboter noch nicht so gut mit Stoffen umgehen und nähen, die Technologie ist noch nicht ganz so weit, aber irgendwann wird das kommen." Die Schätzungen lägen zwischen fünf und 20 Jahren.

Maschinen bilden keine Gewerkschaften

"Die Automatisierung beeinflusst auch die Wahl der Standorte", erläuterte der 39-jährige Wirtschaftswissenschaftler. Eine große Zahl günstiger Arbeitskräfte sei in der digitalisierten Industrie einfach kein Kriterium mehr. Zudem stiegen die Löhne auch in Ländern wie China. Die neue Technik habe zwar hohe Fixkosten. Wenn die Anlage aber einmal stehe, könne sie rund um die Uhr zu geringen Stückkosten produzieren, erklärte er. Zudem ließen sich kleinere Stückzahlen individueller fertigen, und die Maschinen bildeten keine Gewerkschaften.

Die Fabrikation könnte wieder zurück in die Industrieländer wandern. "Die Produktion rückt wieder näher zum Kunden", sagte Görlich. "Es macht wenig Sinn, solche Fabriken in Bangladesch aufzustellen, wenn meine Kunden in Europa oder den USA sind." Die asiatischen Textilexporteure sollten in die Ausbildung hoch qualifizierter Fachkräfte investieren und in neuen Branchen Fuß fassen: "Eine andere Möglichkeit wäre, Nischen zu besetzen, die noch nicht automatisierbar sind."

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.