In der Klimapolitik der Europäischen Union herrscht noch kein Konsens. Osteuropäische Staaten haben Bedenken, eine feste Frist zuzusagen. So fiel das Bekenntnis der Staats- und Regierungschefs in Brüssel recht allgemein aus.
21.06.2019

Die EU-Staaten haben sich bei ihrem Gipfel in Brüssel nicht auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 einigen können. Die 28 Staats- und Regierungschefs bekannten sich bei dem Treffen am Donnerstag und Freitag lediglich im Grundsatz zu dem Vorhaben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte dennoch eine gute Entwicklung aus.

Der Klimawandel stelle eine existenzielle Bedrohung dar, heißt es in der "Strategischen Agenda", die die Staats- und Regierungschefs in Brüssel als Leitschnur ihrer Klimapolitik und anderer Politikfelder in den kommenden fünf Jahren verabschiedeten. Die EU müsse nun einen tiefgreifenden Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft einleiten, um Klimaneutralität zu erreichen.

Polen, Tschechien und Ungarn gegen die Frist

In einer zugleich angenommenen Gipfelerklärung geht es um konkretere Schritte. Die Fachminister und die EU-Kommission sollen an einem "Übergang zu einer klimaneutralen EU im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris" arbeiten. Hier war in einem Entwurf die Frist 2050 genannt worden. In der Endfassung wurde stattdessen eine Fußnote eingefügt, wonach diese "für eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten" gelte. Nach Diplomatenangaben stellten sich Polen, Tschechien und Ungarn gegen die Frist, auch Estland habe Bedenken gehabt.

Klimaneutralität bedeutet, dass nicht mehr klimaschädliche Gase frei werden, als gleichzeitig zum Beispiel durch Wälder oder Speicherung aufgenommen und gebunden werden. Die Emissionen aus Industrie, Verkehr, Landwirtschaft und Gebäuden müssten also massiv gedrosselt werden.

Bundeskanzlerin Merkel: Besser als erwartet

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte nach den Verhandlungen in der Nacht auf Freitag, dass es eine große Mehrheit für 2050 gebe. Außerdem wollten alle EU-Staaten das Pariser Klimaabkommen einhalten und verträten die bereits vereinbarten Klimaziele für 2030. Damit gebe es eine "sehr gute Ausgangsposition", um "Vorreiter für den internationalen Klimaschutz sein zu können", sagte Merkel auch mit Blick auf die im September in New York anberaumte UN-Klimakonferenz.

Nach dem Abschluss des Gipfels, der vor allem der Besetzung der EU-Spitzenämter hatte dienen sollen, äußerte sich Merkel am Freitag erneut. Noch im März habe sie nicht mit einer so breiten Mehrheit für die Klimaneutralität 2050 gerechnet, Deutschland selbst habe erst entscheiden müssen, ob es sich dem Ziel anschließe. Insofern finde sie, "dass es besser ist, als ich erwartet hatte".

Ska Keller sprach von einer "Schande"

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) erklärte, das Ergebnis sei "ein großer Schritt für den Klimaschutz nach vorn". Nun müsse mit den Mitgliedstaaten, die nicht eingewilligt haben, gemeinsam nach Lösungen gesucht werden. Deutschland und die übrigen Staaten hingegen müssten ihre Klimapolitik am Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 ausrichten.

Die Grünen-Fraktionschefin im Europaparlament, Ska Keller, sprach dagegen von einer "Schande". "Die Staats- und Regierungschefs haben einmal mehr die Dringlichkeit ignoriert und die Zukunft von uns allen in Gefahr gebracht", erklärte sie. Greenpeace hatte die EU vor dem Gipfel zur Klimaneutralität bereits bis 2040 aufgefordert. "Hohle Worte" könnten einen Bauern, der seine Ernte durch Dürre verloren haben, nicht entschädigen, erklärte Greenpeace-Klimaexperte Sebastian Mang. Die EU-Kommission hatte bereits im November 2018 eine Strategie für Klimaneutralität der EU bis 2050 vorgelegt. Auch UN-Generalsekretär António Guterres verlangt von der Weltgemeinschaft, sich auf das Ziel festzulegen.

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