Pflegekraft am Bett eines Patienten (Archivbild)
epd-bild / Werner Krüper
Möglichst bald sollen Pflegekräfte mehr Geld bekommen. Sonst werde man nicht genug Pflegepersonal für die steigende Zahl alter Menschen finden, sagt Arbeitsminister Heil. Sein Gesetz öffnet zwei Wege zu einer einheitlichen Mindestbezahlung.
19.06.2019

Das Bundeskabinett hat ein Gesetz von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für bessere Löhne in der Pflege beschlossen. Es billigte am Mittwoch in Berlin den Entwurf, der den Weg für einen branchenweit gültigen Tarifvertrag freimacht. Außerdem soll die Pflegemindestlohnkommission gestärkt werden. Die Bundesregierung hofft, mehr Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen.

Heil betonte die Dringlichkeit des Vorhabens: "Wir brauchen mehr Fachkräfte. Wenn wir nicht zu höheren Löhnen kommen, werden wir zu wenig Menschen gewinnen, die in der Pflege arbeiten." Er versprach, die Bundesregierung werde einen Weg finden, die steigenden Lohnkosten "nicht auf dem Buckel der Angehörigen" von Pflegebedürftigen zu finanzieren. Es sei nun Aufgabe der Sozialpartner, einen Tarifvertrag auszuhandeln, sagte Heil. Diesen wolle er dann für allgemeinverbindlich erklären.

Widerstand kommt von den Arbeitgebern

Das Gesetz sieht indes einen weiteren Weg über die Pflegemindestlohnkommission vor, die eine Dauereinrichtung werden und differenzierte Mindestlöhne für Fachkräfte festlegen kann. Auch auf diesem Weg könnte eine allgemeinverbindliche Bezahlung zustandekommen. Heil will die Tariflösung, kündigte aber an, den Weg über die Kommission zu gehen, wenn bis Jahresende kein Tarifvertrag zustande kommen sollte.

Widerstand kommt von den Arbeitgebern. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, warf Heil vor, die grundgesetzlich garantierte Tarifautonomie einschränken zu wollen. Der Präsident des Arbeitgeberverbandes der privaten Pflegeanbieter, Rainer Brüderle sprach von einem "AWO-Verdi-Lobbygesetz". Der neue Pflege-Arbeitgeberverband, den vor allem die AWO vorangetrieben hatte und der mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi Tarifverhandlungen führen will, repräsentiere die Akteure der Branche nicht, kritisieren die Arbeitgeber.

1,6 Millionen Menschen arbeiten in der Pflege

Der Gesetzentwurf sieht Änderungen im Arbeitnehmerentsendegesetz vor, über das ein Tarifvertrag auf Antrag der Tarifparteien für allgemeinverbindlich erklärt werden kann. Für die Pflegebranche ist eine eigene Regelung erforderlich, weil die kirchlichen Einrichtungen ein eigenes Arbeitsrecht haben. Dem Entwurf zufolge, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, werden sie in das Verfahren eingebunden, ohne dass ihr Selbstbestimmungsrecht infrage gestellt wird.

Diakonie und Caritas sowie die gemeinnützigen Träger, zu denen auch die AWO gehört, versorgen trotz des weiter steigenden Marktanteils der privaten Anbieter noch immer mehr als die Hälfte der Pflegebedürftigen in Heimen und zu Hause. Sie beschäftigen auch die meisten Arbeitnehmer. Insgesamt arbeiten in der Pflege laut Bundesagentur für Arbeit 1,6 Millionen Menschen. 40.000 Stellen in der Alten- und Krankenpflege konnten schon im vergangenen Jahr nicht besetzt werden.

An einer besseren Bezahlung führe kein Weg vorbei

Für die Pflegebranche gibt es bereits eine Lohnuntergrenze von 11,05 Euro pro Stunde im Westen und 10,55 Euro im Osten. Altenpflege-Fachkräfte verdienten laut Bundesagentur 2017 im Schnitt auf einer Vollzeitstelle 2.855 Euro brutto, im Osten 500 Euro weniger. Das Gesetz für bessere Löhne in der Pflege soll für Angleichung sorgen.

Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums bezifferte die Kosten möglicher Lohnsteigerungen mit einer Spanne von zwei bis fünf Milliarden Euro im Jahr. Ob dies zu Beitragserhöhungen führen werde, sei heute nicht zu sagen. An einer besseren Bezahlung führe aber kein Weg vorbei, sagte sie.

Patientenschützer warnten, Heimbewohnern drohe eine Erhöhung der Eigenanteile um bis zu 400 Euro im Monat. Verbands-Vorstand Eugen Brysch sagte, ohne Zweifel brauche es höhere Löhne in der Altenpflege. Es sei aber "unverantwortlich", dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung offenlasse, wer die Kosten tragen solle. Das Gesetz soll im Herbst im Bundestag beraten werden und nächstes Jahr in Kraft treten.

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