Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD)
epd-bild/Rolf Zoellner
Die SPD will die Grundrente für Geringverdiener hauptsächlich aus Steuern finanzieren. Die Union hält ihr vor, die Steuereinnahmen gebe es noch gar nicht und besteht weiter auf einer Bedürftigkeitsprüfung. Der Streit ist damit wieder im Gang.
22.05.2019

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stößt mit seinen Plänen zur Finanzierung der Grundrente erwartungsgemäß auf Kritik aus der Union. Heil verteidigte am Mittwoch in Berlin seinen Gesetzentwurf ohne Bedürftigkeitsprüfung, während Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ihm vorwarf, das Konzept sei "unsolide finanziert und ungerecht". Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) forderte Heil auf, seinen Vorschlag zurückzuziehen.

Heil will die Grundrente überwiegend aus Steuern finanzieren. Er rechnet dafür mit Einnahmen aus einer europäischen Finanztransaktionssteuer, die noch nicht beschlossen ist und will die von der damaligen schwarz-gelben Regierung eingeführte Mehrwertsteuervergünstigung für Hoteliers, die "Mövenpick-Steuer", wieder abschaffen. Weitere dreistellige Millionenbeträge soll die Senkung der Krankenkassenbeiträge für Rentner, für die zur Hälfte die Rentenversicherung aufkommt, sowie die Erhöhung der Rentenbeiträge für Arbeitslose in die Rentenkassen spülen.

Altmaier: Heils Vorschlag enttäuschend

Darüber empörten sich Spahn und der rentenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Johannes Vogel. Spahn erklärte, am Ende zahlten einfache Arbeiter und Angestellte über ihre Sozialbeiträge mit für eine Grundrente, die auch Gutverdienern zugutekäme, weil die SPD eine Bedürftigkeitsprüfung ablehne: "Mit solchen Manövern macht die SPD die Grundrente kaputt", kritisierte Spahn. Vogel sprach von einem "dreisten Griff in die Sozialkassen" und warf der SPD mit Blick auf die Europawahl am Wochenende ein Wahlkampfmanöver vor. Auf ein abgestimmtes Rentenkonzept der Koalition warteten die Bürger hingegen weiter vergebens.

Wirtschaftsminister Altmaier nannte Heils Vorschlag enttäuschend. Das SPD-Konzept sei mit Steuererhöhungen verbunden, die mit der Union nicht zu machen seien. Er appellierte an den Koalitionspartner, den Vorschlag zurückzuziehen.

Grundrente im Koalitionsvertrag vereinbart

Die Grundrente ist zwischen Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart und soll die Renten von Geringverdienern erhöhen. SPD und Union streiten aber um die Umsetzung. Die Union besteht auf einer Bedürftigkeitsprüfung, Heil lehnt sie ab.

Er verteidigte seine Finanzierungsvorschläge als "solide". Sie seien mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) abgestimmt. Zugleich sprach Heil aber auch von einem "finanziellen Kraftakt" und erklärte, er rechne noch mit vielen Diskussionen in der Koalition. Ihm gehe es aber darum, die Lebensleistung von Menschen anzuerkennen und gegen Altersarmut vorzugehen, sagte der SPD-Politiker.

Heils Vorschlag zufolge soll die Grundrente im Einführungsjahr 2021 rund 3,8 Milliarden Euro zusätzlich kosten. In den Folgejahren sollen die Ausgaben auf bis zu 4,8 Milliarden Euro im Jahr 2025 steigen. Rund drei Millionen Rentner würden mehr Geld bekommen, 80 Prozent von ihnen Frauen. In den ostdeutschen Länder würde mit 15 Prozent der Rentner ein höherer Anteil von der Aufstockung kleiner Renten profitieren als im Westen (elf Prozent). Voraussetzung sind mindestens 35 Beitragsjahre.

Rentenexperte: "Wir werden Millionäre aufstocken"

Mit der Grundrente soll Heil zufolge auch ein Freibetrag für Grundsicherungsempfänger von bis zu 106 Euro im Monat eingeführt werden. Bisher wird die eigene Rente komplett angerechnet, wenn ein Rentner auf die Grundsicherung angewiesen ist.

Die AWO, der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßten Heils Vorschläge. Wer lange in die Rente eingezahlt habe, müsse sich darauf verlassen können, im Alter nicht zum Sozialamt gehen zu müssen, erklärte Ulrich Schneider vom Paritätischen Gesamtverband. Der DGB-Vorsitzende Reiner Hofmann warnte die Union davor, die Grundrente zu blockieren. Er sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Mittwoch), das Finanzierungskonzept gehe in die richtige Richtung.

Demgegenüber warnte der Rentenexperte Bernd Raffelhüschen im Südwestrundfunk: "Wir werden Millionäre aufstocken." Eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung werde nicht lange überleben. Der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, sprach von einem "Schnellschuss vor der Europawahl".

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.