Behandlungsplatz zur Langzeitbeatmung (Symbolbild)
epd-bild / Werner Krüper
Im Fall des Wachkoma-Patienten Vincent Lambert hat das Pariser Berufungsgericht die Wiederaufnahme der künstlichen Ernährung angeordnet.
21.05.2019

Das Pariser Gericht gab französischen Medienberichten zufolge in der Nacht zum Dienstag den Eltern Lamberts Recht. Das Universitätsklinikum Reims muss nun warten, bis die Behindertenkommission der UN zu dem Fall Stellung nimmt. Die Ärzte des 42-jährigen Franzosen hatten am Montag bereits damit begonnen, bei dem 2008 schwer verunglückten Mann die lebenserhaltenden Maßnahmen einzustellen. Damit geht der Rechts- und Familienstreit weiter. Es wird erwartet, dass die UN-Kommission bis zu sechs Monate für eine Entscheidung brauchen könnte.

Lambert liegt seit einem Motorradunfall im Jahr 2008 im Koma und ist gelähmt. Seine Ehefrau und ein Teil seiner Geschwister kämpfen seit langem für die Abschaltung der lebenserhaltenden Apparate. Die Eltern, strenggläubige Katholiken, sprachen sich jedoch vehement gegen diesen Schritt aus.

"Sadismus" gegenüber dem Patienten

Mit Rufen "Vincent wird leben!" begrüßten Eltern, Anwälte und Unterstützer das Gerichtsurteil. Er finde diese "Jubelbilder obszön", erklärte hingegen der Neffe Lamberts im französischen Fernsehen und sprach von "Sadismus" gegenüber dem Patienten. Ehefrau Rachel will gegen ein in der rechtsextremen Kreisen nahestehenden Zeitschrift "Valeurs actuelles" online veröffentlichtes Video von Vincent vom Sonntag klagen. Die Eltern und ihre Anwälte kündigten an, im Klinikum überprüfen zu wollen, dass die lebenserhaltenden Maßnahmen wieder aufgenommen worden seien.

Die Eltern argumentieren, dass Vincent nicht sterbenskrank, sondern schwerbehindert sei. Zwei Mal erreichten sie, dass die künstliche Ernährung wieder aufgenommen werden musste, die die Ärzte bereits im Einvernehmen mit der Ehefrau des Koma-Patienten eingestellt hatten.

Fall löste Debatte aus

Die Eltern zogen über alle gerichtlichen Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, um zu verhindern, dass die lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt werden. Der EuGH entschied bereits 2015, dass die künstliche Ernährung beendet werden darf. Auch der französische Staatsrat als oberstes Verwaltungsgericht erklärte das für zulässig. Der Rechtsstreit ging jedoch weiter. Zuletzt hatte der Verfassungsrat am 24. April die Entscheidung des Krankenhauses bestätigt, die lebenserhaltenden Maßnahmen einzustellen.

Der Fall löste in Frankreich eine Debatte aus. Experten und Mediziner fordern ein neues Gesetz. Das Ethikgesetz von 2005, das 2016 erneuert und 2018 ergänzt worden war, stoße mit dem Fall Vincent Lambert an Grenzen, hieß es. In Frankreich ist passive Sterbehilfe unter bestimmten Umständen zulässig, Tötung auf Verlangen (aktive Sterbehilfe) ist dagegen eine Straftat.

Der Erzbischof von Reims, Eric de Moulins-Beaufort, appellierte an die französische Gesellschaft, "sich nicht auf den Weg der Sterbehilfe" zu begeben. Staatspräsident Emmanuel Macron hatte eine Einmischung in den Fall verweigert. "Es ist nicht meine Rolle, eine Entscheidung der Ärzte aufzuheben, die mit unseren Gesetzen konform ist", sagte er.

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