Wachkomapatient in einer Pflegeeinrichtung
epd-bild / Werner Krüper
Ein jahrelanger Rechtsstreit um Sterbehilfe könnte in Frankreich nun ein Ende finden: Ärzte in Reims haben die lebenserhaltenden Maßnahmen für den Wachkoma-Patienten Vincent Lambert eingestellt.
20.05.2019

Seit mehr als zehn Jahren liegt der Franzose Vincent Lambert im Koma, nun haben Ärzte offenbar endgültig seinen Tod eingeleitet: Die Universitätsklinik von Reims begann nach französischen Medienberichten am Montagmorgen, die lebenserhaltenden Maßnahmen des Wachkoma-Patienten einzustellen. Die Familie wurde bereits Anfang April von der Entscheidung der Ärzte unterrichtet. Die Eltern und ihre Anwälte haben am Sonntag neue Klagen angekündigt.

Bischof: Unveräußerliches Recht auf Leben

Der heute 42-jährige Lambert liegt seit einem Motorradunfall im Jahr 2008 im Koma und ist gelähmt. Seine Ehefrau und ein Teil seiner Geschwister kämpfen seit langem für die Abschaltung der lebenswichtigen Maschinen.

Die Eltern, strenggläubige Katholiken, sprachen sich jedoch vehement gegen diesen Schritt aus. Sie argumentieren, dass Vincent nicht sterbenskrank, sondern schwerbehindert sei. Zwei Mal erreichten sie, dass die künstliche Ernährung wieder aufgenommen werden musste, die die Ärzte bereits im Einvernehmen mit der Ehefrau des Koma-Patienten eingestellt hatten.

Der katholische Erzbischof von Reims, Eric de Moulins-Beaufort, sprach sich in einer Stellungnahme für das unveräußerliche Recht auf Leben aus. "Die Größe der Menschheit besteht darin, die Würde ihrer Mitglieder, insbesondere der zerbrechlichsten, als unveräußerlich und unantastbar zu betrachten", heißt es darin. Er appellierte an die französische Gesellschaft, "sich nicht dem Weg der Sterbehilfe zu verschreiben". In Frankreich ist passive Sterbehilfe unter bestimmten Umständen zulässig, Tötung auf Verlangen (aktive Sterbehilfe) ist eine Straftat.

Patientenschützer werben für Patientenverfügungen

Die Eltern zogen über alle gerichtlichen Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, um zu verhindern, dass die lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt werden. Der EuGH entschied bereits 2015, dass die künstliche Ernährung beendet werden darf. Auch der französische Staatsrat als oberstes Verwaltungsgericht hält das für zulässig. Der Rechtsstreit ging jedoch weiter. Zuletzt hatte der Verfassungsrat am 24. April die Entscheidung des Krankenhauses bestätigt, die lebenserhaltenden Maßnahmen einzustellen.

In Deutschland leben nach Angaben der gemeinnützigen Deutschen Stiftung Patientenschutz rund 10.000 Menschen mit dem Apallischen Syndrom, das auch "Wachkoma" genannt wird. "Diese Patienten im Wachkoma sind keine Sterbenden", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch auf Anfrage des Evangelischen Pressedienst (epd) am Montag. Deshalb übernähmen Patientenverfügungen in solchen Fällen eine "herausragende Rolle".

Der Fall Lambert zeige, dass schlimmstenfalls jahrelange Streitigkeiten das Verhältnis aller Beteiligten zerrütten könnten. Mit einer Patientenverfügung könne jeder selbst schon in gesunden Tagen für unterschiedliche Krankheitszustände die medizinische Behandlung und Pflege festlegen, sagte Brysch. In Deutschland dürften Ehepartner und Verwandte zudem nur mit einer schriftlichen Vollmacht über Behandlungsbegrenzungen mitentscheiden.

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