Vor dem Finale des Eurovision Song Contest (ESC) am Wochenende protestieren Israels ultraorthodoxe Juden gegen die Entheiligung des Sabbats bei den Vorbereitungen des Fernseh-Events.
16.05.2019

Der Beginn des Finales am Samstag ist zwar auf zwei Stunden nach dem Ende der Sabbatruhe angesetzt. Aber für die Proben wird es unumgänglich sein, auch während des Sabbats zu arbeiten. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die ultraorthodoxe Partei "Vereinigtes Tora-Judentum" mit einem offiziellen Brief beruhigt. Bei den meisten, die am ESC hinter und auf der Bühne engagiert seien, handle es sich um Nicht-Juden, die sich nicht an die Sabbatruhe halten müssten, heißt es in dem Brief, der in der Tageszeitung "Yediot Achronot" veröffentlicht wurde.

Zudem sei der ESC ein internationaler Wettbewerb, der nicht in die Kompetenz der Regierung falle, schrieb Netanjahu an die Parteispitze der Orthodoxen-Partei. In der vergangenen Woche hatte diese aus Protest gegen die samstäglichen Arbeitsbewilligungen eine Sitzung mit Netanjahus Likud-Partei verschoben. Bei den derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen spielt sie bei der Suche nach einer mehrheitsfähigen Koalition eine Schlüsselrolle. Den Gottesfürchtigen (Haredim) geht es jedoch nicht nur um die Einhaltung des strikten Arbeitsverbots am Sabbat. Sie stören sich auch daran, dass mit dem ESC ein säkularer Lebensstil gefeiert wird, der liberaler und gegenüber Schwulen, Bisexuellen oder Transgender toleranter ist, als für die Orthodoxen vertretbar.

Pop und politische Interessen

Beim großen Wettsingen geht es nicht nur um Pop, sondern auch um politische Interessen. Israels Regierung musste vor einigen Monaten zurückstecken. Sie hatte den ESC wie bereits in den Jahren 1979 und 1999 nach Jerusalem eingeladen. Doch die European Broadcasting Union (EBU) weigerte sich aus politischen Gründen, Israels Hauptstadt als Austragungsort zu akzeptieren. Deshalb fiel die Wahl auf das politisch weniger heikle Tel Aviv.

Israel-Gegner wollten den ESC in Tel Aviv gleich ganz verhindern. Dazu gehören Palästinensergruppierungen und die BDS-Bewegung, die seit 2005 zum Boykott, zur Desinvestition und zu Sanktionen (kurz BDS) gegen Israel aufruft. Den Eurovisions-Rummel in Tel Aviv brandmarkt BDS als "artwashing", das vom politischen Konflikt mit den Palästinensern ablenken solle. Doch die BDS dringt mit ihrer Kampfansage an den Gesangswettbewerb kaum durch. So fand BDS-Aktivist und Gründer der britischen Rockgruppe Pink Floyd, Roger Waters, wenig Gehör für seine Aufforderung an Künstler und Touristen, nicht nach Tel Aviv zu reisen. Und die amerikanische Pop-Ikone Madonna will, allen Mahnungen zum Trotz, im Finale mit zwei Songs auftreten.

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