Beim Högel-Prozess hat die Staatsanwaltschaft mit den Plädoyers begonnen (Archivbild)
epd-bild / Werner Krueper
In zwei von 100 Fällen pädiert die Oberstaatsanwältin für Freispruch des früheren Krankenpflegers. Högel selbst hat bislang 43 Mordvorwürfe eingeräumt.
16.05.2019

Im Mordprozess gegen den früheren Krankenpfleger Niels Högel hat Oberstaatsanwältin Daniela Schiereck-Bohlmann eine Verurteilung des Angeklagten wegen 70 Morden gefordert. In zwei Fällen sei Högel jedoch aufgrund mangelnder Beweise freizusprechen, sagte sie am Donnerstag vor dem Landgericht Oldenburg. Zu weiteren 28 Fällen wollte sie sich noch am Nachmittag äußern. (AZ: 5Ks 1/18)

Ursprünglich hatte die Anklage Högel vorgeworfen, aus Geltungssucht zwischen den Jahren 2000 und 2005 in Oldenburg 36 und in Delmenhorst 64 Patienten vergiftet zu haben. Anschließend versuchte er, seine Opfer zu reanimieren, um vor den Kollegen als kompetenter Retter zu glänzen. Högel hat bislang 43 der 100 Mordvorwürfe eingeräumt. Das Urteil soll am 6. Juni verkündet werden.

Viele Fragen in zwei Fällen

Sowohl in Oldenburg als auch in Delmenhorst sei in jeweils einem Fall zugunsten des Angeklagten zu entscheiden, sagte die Oberstaatsanwältin. In dem Oldenburger Fall sei zwar der Wirkstoff Lidocain gefunden worden - mit dem Högel nachweislich mehrfach getötet habe. Doch sei in dem speziellen Fall nicht ausgeschlossen, dass Lidocain als letztes Mittel bei der Reanimation von einem Arzt genutzt wurde. Zudem bestreitet Högel diese Tat.

In dem zweiten Fall im Krankenhaus Delmenhorst sei der Patient erst nach einem zweiten Zusammenbruch gestorben, erläuterte Schiereck-Bohlmann. Ob das gefundene Lidocain in diesem Fall zum Tode geführt habe, sei nicht mehr eindeutig festzustellen, zumal nicht sicher sei, ob Högel beim zweiten Zusammenbruch überhaupt anwesend gewesen sei. Selbst wenn der zweite Zusammenbruch eine Folge des ersten Kollaps gewesen sei, wäre dies nur als Körperverletzung zu werten. Dieser Vorwurf wäre aber dann mittlerweile verjährt.

Schlüssige Indizien in 70 Fällen

In den übrigen 70 Fällen endete die Oberstaatsanwältin stets mit dem Satz: "Es bestehen keine vernünftigen Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten." In allen Fällen liege eine schlüssige Indizienkette vor, die durch Geständnisse und toxikologische Befunde untermauert sei. Im Anschluss an das Plädoyer soll am späten Nachmittag noch die Delmenhorster Rechtsanwältin Gaby Lübben sprechen. Sie vertritt die meisten Nebenkläger in dem Prozess.

Zu Beginn des 21. Prozesstages hatte das Gericht einen Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen den Medizin-Professor Wolfgang Koppert zurückgewiesen. Der Gutachter hatte bei seiner Vernehmung gesagt, er könne sich vorstellen, dass Högel weitere Morde begangen habe, die bisher nicht nachzuweisen seien. Die Verteidigung hatte sah darin Voreingenommenheit.

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