Fast sieben Jahre lang lebte Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London im Asyl, nun wurde er dort festgenommen. Ecuadors Präsident erklärte, die Geduld mit dem Wikileaks-Gründer sei zu Ende. Ihm droht nun die Auslieferung in die USA.
11.04.2019

Julian Assange befindet sich in der Hand der britischen Justiz. Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks wurde am Donnerstagvormittag in der ecuadorianischen Botschaft in London festgenommen, wie die Polizei mitteilte. Ein Richter stellte laut britischen Medienberichten am Donnerstagnachmittag fest, dass Assange 2012 gegen Kautionsauflagen verstoßen habe, als er sich in der Botschaft der britischen Justiz entzog. Die Polizei bestätigte zudem, dass gegen den 47-Jährigen ein Auslieferungsersuchen der USA vorliege. Die dortigen Behörden werfen Assange eine Verschwörung mit der Whistleblowerin Chelsea (früher Bradley) Manning vor, wie das US-Justizministerium am Donnerstag mitteilte.

Demnach drohen Assange in den USA bis zu fünf Jahren Haft. Er habe Manning geholfen, ein Passwort zu einem Regierungsnetzwerk mit Dokumenten zu knacken. Die nun veröffentlichte Anklageschrift gegen Assange ist auf den 6. März 2018 datiert. Manning war wegen der Enthüllungen 2013 zu 35 Jahren Haft verurteilt, 2017 jedoch vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama kurz vor Ende seiner Amtszeit begnadigt worden.

Für die Verletzung der britischen Kautionsauflagen droht Assange eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr. Ein Urteilstermin steht laut den Berichten noch nicht fest. Am 2. Mai will sich das Gericht im Londoner Stadtteil Westminster demnach auch mit dem US-Auslieferungsersuchen befassen.

Präsident Moreno: Geduld zu Ende

Zuvor hatte Ecuador Assange das Asyl in der Botschaft entzogen und die Festnahme so erst möglich gemacht. "Die Geduld von Ecuador mit dem Verhalten von Herrn Assange ist zu Ende", sagte Ecuadors Präsident Lenin Moreno in einer auf Twitter verbreiteten Stellungnahme. Dazu hätten unter anderem dessen "unhöfliches und aggressives" Verhalten geführt.

Assange sei in der Botschaft vor und nach Veröffentlichungen auf Wikileaks von Aktivisten der Plattform besucht worden, was dafür spreche, dass er weiter mit dem Enthüllungsportal verbunden sei und sich somit in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmische. Auch habe er gegen die Regeln der Botschaft verstoßen, erklärte Moreno. Großbritannien habe zuvor schriftlich zugesichert, das Assange nicht in ein Land ausgeliefert werde, in dem ihm die Todesstrafe oder Folter drohe.

"Reporter ohne Grenzen" appellierte an die britischen Behörden, Assange nicht an die USA auszuliefern. "Wikileaks-Veröffentlichungen wie die Irak-Papiere waren zweifellos von öffentlichem Interesse und haben breite politische Debatten ausgelöst", erklärte der Geschäftsführer der deutschen Sektion der Organisation, Christian Mihr. Assange dafür nach fast neun Jahren noch zu verfolgen, wäre ein gefährlicher Präzedenzfall für Journalisten, Whistleblower und andere Quellen der Berichterstattung, betonte er.

Wikileaks verurteilt Festnahme

Die Plattform verurteilte die Festnahme und erklärte, Ecuador habe das Asyl rechtswidrig beendet. Der britische Außenminister Jeremy Hunt erklärte laut einem Bericht des "Guardian", niemand stehe über dem Gesetz. Assange sei kein Held, sondern habe sich jahrelang vor der Wahrheit versteckt. Nicht Assange sei als Geisel in der Botschaft gehalten worden, sondern er habe vielmehr die Botschaft als Geisel genommen. Die britische Justiz werde nun unabhängig über den Fall entscheiden, betonte er.

Das Verhältnis zwischen Assange und Ecuador war zuletzt immer angespannter geworden. Das Land warf ihm vor, gegen seine Bedingungen für das Asyl verstoßen zu haben. Unter anderem hatte ihn die Regierung des Landes mehrfach aufgefordert, politische Aktivitäten zu unterlassen. Zwischenzeitlich wurde ihm auch der Internetzugang gekappt.

Assange lebte seit 2012 in der Botschaft, um sich der Auslieferung nach Schweden zu entziehen. Dort wurde wegen Vergewaltigungsvorwürfen aus dem Jahr 2010 gegen ihn ermittelt. Das Verfahren wurde 2017 eingestellt. Assange bestritt die Vorwürfe. Die Anwältin der Frau, die Assange der sexuellen Vergehen beschuldigt, forderte am Donnerstag, die Ermittlungen neu aufzurollen und den Whistleblower nach Schweden auszuliefern.

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.