"Entscheidend ist für mich, dass wir am unbedingten Ziel festhalten, die Zahl der Abtreibungen zu minimieren", sagt Heinrich Bedford-Strohm.
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Aus Sicht der Evangelischen Kirche in Deutschland lassen sich Bluttests an Schwangeren mit Lebensschutz in Einklang bringen, wenn die Kassen die Untersuchungen finanzieren.
11.04.2019

Unmittelbar vor der Bundestagsdebatte zum Umgang mit Gen-Tests an Schwangeren hat der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm die Position der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bekräftigt, wonach Trisomie-Untersuchungen unter bestimmten Bedingungen zur Kassenleistung werden sollen. Auch die frühere Bundesgesundheitsministerin und jetzige Vorsitzende der Behindertenorganisation Lebenshilfe, Ulla Schmidt (SPD), sprach sich am Donnerstag dafür aus, dass der Bluttest künftig bei Risikoschwangerschaften von den Krankenkassen bezahlt wird. Die katholische Kirche appellierte dagegen an alle Abgeordneten, solche Tests nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen.

Bedford-Strohm sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag), bei einer ungeregelten Nutzung der bereits verfügbaren Tests bestehe die Gefahr, "dass menschliches Leben nach bestimmten Kriterien aussortiert wird". Daher verbinde der Rat der EKD seine Zustimmung zu Pränataltests als Kassenleistung bei Risikoschwangerschaften mit dem Angebot einer psychosozialen Beratung. Diese habe den Lebensschutz als Ziel. "Entscheidend ist für mich, dass wir am unbedingten Ziel festhalten, die Zahl der Abtreibungen zu minimieren", sagte der oberste Repräsentant der deutschen Protestanten.

Lebenshilfe-Chefin: Kriterien überarbeiten

Lebenshilfe-Chefin Schmidt sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Donnerstag) mit Blick auf die bisher übliche Fruchtwasseruntersuchung, die zu Fehlgeburten führen kann: "Stehen risikoärmere Untersuchungen zur Verfügung, müssen sie von der Krankenkasse bezahlt werden." Sie forderte allerdings zugleich, die Kriterien für das Vorliegen eines erhöhten Risikos bei Schwangeren zu überarbeiten. "Es ist medizinisch nicht mehr zu rechtfertigen, dass weiterhin jede Schwangerschaft ab 35 als Risikofall gilt", sagte Schmidt. Da Frauen immer später Kinder bekämen, hätte ein Bluttest auf Kassenkosten ansonsten den Charakter einer Reihenuntersuchung.

Prälat Karl Jüsten, der Leiter des katholischen Büros Berlin der katholischen Bischofskonferenz, sagte den "Stuttgarter Nachrichten" und der "Stuttgarter Zeitung": "Wir appellieren an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, keine Beschlüsse zu fassen, die im Resultat dazu geeignet sind, die Zahl der Abtreibungen zu erhöhen." Alle Tests zur Feststellung von Trisomie 21 zielten darauf ab, eine Behinderung festzustellen. Damit werde stets die Frage aufgeworfen, ob ein Kind mit Behinderung eine Lebenschance erhalte oder nicht. "Die Kirche unterscheidet aber niemals zwischen lebenswert und nicht lebenswert", betonte Jüsten.

Ethisch umstrittenes Thema

Der Bundestag plant für den Vormittag in Berlin eine zweistündige Orientierungsdebatte. Sie soll den Abgeordneten die Möglichkeit geben, sich über das ethisch umstrittene Thema eine Meinung zu bilden. Konkrete Anträge liegen nicht vor.

Bluttests an Schwangeren, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Auskunft darüber geben, ob das ungeborene Kind eine Form der Trisomie - beispielsweise das Down-Syndrom - hat, sind seit 2012 zugelassen. Sie müssen von Müttern bislang aber privat bezahlt werden, während Verfahren wie die Fruchtwasseruntersuchung, die dies auch untersuchen, übernommen werden. Ob die Tests künftig Kassenleistung werden, wird derzeit vom zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss im Gesundheitswesen geprüft.

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