Die deutsche Rechtsordnung sehe nicht vor, "dass es Gesetze für einzelne Gruppen gibt", sagt Wolfgang Huber.
epd-bild/Jürgen Blume
03.04.2019

Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, sieht in den bestehenden Gesetzen genug Möglichkeiten für die Organisation von Muslimen als Religionsgemeinschaft in Deutschland. "Es gibt transparente und angemessene Regeln", sagte der Berliner Altbischof in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er verwies auf Nordrhein-Westfalen, das ein eigenes Gesetz über die Voraussetzungen für den Status einer Körperschaft für Religionsvereinigungen erlassen habe. "Das ist eine konstruktive Reaktion auf das Problem, dass es hierzulande kein Islamgesetz wie etwa in Österreich geben kann", sagte Huber.

"Allgemeinheit des Gesetzes" laut Huber unerlässlich

Die deutsche Rechtsordnung sehe nicht vor, "dass es Gesetze für einzelne Gruppen gibt, weil die Allgemeinheit des Gesetzes für unsere Rechtsordnung unerlässlich ist", erklärte der Theologe, der kürzlich in den Beirat des neuen Berliner Institutes für Islamische Theologie an der Humboldt-Universität (HU) berufen wurde. Die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten für Religionsgemeinschaften würden zwar in erster Linie von den christlichen Kirchen in Anspruch genommen, stünden aber jeder Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft zu.

"Heute geht es um die Aufgabe, dieses Verfassungsangebot für die Gestaltung religiös-weltanschaulicher Pluralität zu nutzen", sagte Huber. Man müsse Menschen im Bereich der anderen Religionen dafür gewinnen, diese Gestaltungsformen zu nutzen.

Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, was ihnen unter anderem ermöglicht, Kirchensteuern einzuziehen, Religionsunterricht an staatlichen Schulen zu erteilen oder Seelsorger für Gefängnisse und in der Bundeswehr zu stellen. Nur in wenigen Ausnahmen ist es bislang islamischen Verbänden gelungen, diesen Status zu erhalten. Oftmals bringen sie nicht die notwendigen Voraussetzungen mit, zum Beispiel, weil sie nicht wie die Kirchen ihre Mitglieder registrieren.

Muslimische Vertreter beklagten in der Vergangenheit, von ihnen werde verlangt, sich zu "verkirchlichen". "Sich in einer Form zu organisieren, die durch klare Regeln des weltlichen Rechts definiert wird, bedeutet keine Verkirchlichung", widersprach Huber. "Die Körperschaft des öffentlichen Rechts steht ja nicht im Apostolischen Glaubensbekenntnis", ergänzte er. Sie sei kein Wesensmerkmal der Kirche, sondern eine weltliche Rechtsfigur als Alternative zum Vereinsrecht. "Der Islam kann sich entscheiden, welche der beiden Formen er nutzt", sagte er.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.