"Ich glaube schon, dass bei Angriffen auf Muslime einige Menschen in diesem Land mit den Schultern zucken", sagt Hans Leyendecker.
epd-bild/Norbert Neetz
01.04.2019

Der ehemalige Investigativ-Reporter Hans Leyendecker beobachtet in einigen Teilen der Gesellschaft eine Gleichgültigkeit gegenüber Angriffen auf Muslime in Deutschland. Bei der Diskussion über die Folgen der Anschläge auf Moscheegemeinden im neuseeländischen Christchurch habe es auch Irritierendes gegeben. "Nach meiner Wahrnehmung gab es zum Beispiel bei den NSU-Morden wenige Reaktionen, die über das normale Erschrecken hinausgingen. Ich glaube schon, dass bei Angriffen auf Muslime einige Menschen in diesem Land mit den Schultern zucken", sagte Leyendecker dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Bei antisemitischen Einwanderern "gibt es Arbeit"

Gleichzeitig müsse man schon über das Problem des Antisemitismus unter jungen muslimischen Einwanderern sprechen. "Da gibt es Arbeit", sagte der 69-Jährige, der Präsident des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentags in Dortmund ist. "Denn es sind Leute ins Land gekommen, die dem Judentum seine Existenzberechtigung absprechen wollen. Denen müssen wir erklären, dass jemand, der bei uns leben will, auch unsere historische Verantwortung mit zu tragen hat", betonte er.

Die Geste der neuseeländischen Premierministerin Jacinda Ardern, nach den Anschlägen von Christchurch aus Solidarität ein Kopftuch zu tragen, habe unheimlich viel bewirkt, sagte Leyendecker. "Es zeigt, wie man einen solchen Anschlag auch als Gesellschaft gemeinsam ertragen kann."

Angesichts des großen medialen Echos und des globalen rechtsextremistischen Netzwerks des Attentäters halte er es auch für richtig, den Namen des Täters zu veröffentlichen. In Deutschland hatte es eine Debatte darüber gegeben, ob Medien den Namen und das Manifest des Attentäters veröffentlichen sollten. Das halte er unter den Gesichtspunkten einer ausgewogenen Berichterstattung für gerechtfertigt. Allerdings sei es verantwortungslos, dass Medien Ausschnitte des Täter-Videos gezeigt und Fotos von Opfern widerrechtlich genutzt hätten. "Journalismus darf sich nie zum Handlanger von Terroristen oder Verbrechern machen lassen", sagte er.

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