Kunstaktion gegen Waffenhandel vor dem Reichstagsgebäude im Jahr 2013
epd-bild / Stefan Boness/Ipon
Die Bundesregierung hat den Exportstopp für deutsche Waffen für Saudi-Arabien um ein halbes Jahr verlängert. Unklar blieb zunächst, was auf europäischer Ebene passieren wird. Kritiker warnen vor Schlupflöchern.
29.03.2019

Die Bundesregierung verlängert die Aussetzung von Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien um weitere sechs Monate bis Ende September. In diesem Zeitraum werden auch keine Neuanträge genehmigt. Außerdem seien Regelungen für Gemeinschaftsprogramme mit europäischen Partnern beschlossen worden, teilte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Freitag in Berlin mit. Es sei ein guter Kompromiss gefunden worden, sagte Demmer.

Die Opposition warf der Regierung hingegen vor, mit ihrer Entscheidung europäische Waffenexporte an Saudi-Arabien zu ermöglichen und forderte einen kompletten Rüstungsexportstopp. Hilfsorganisationen begrüßten die Verlängerung des Lieferstopps, warnten aber ebenfalls vor Schlupflöchern für die Lieferung europäischer Rüstungsgüter.

Demmer zufolge dürfen deutsche Unternehmen Teile für gemeinsame europäische Rüstungsprojekte liefern, sofern die Partner die fertigmontierten Rüstungsgüter nicht an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ausliefern. Die Regelung gilt neun Monate lang bis Ende dieses Jahres.

Reaktion auf Ermordung Jamal Khashoggis

In der bereits am Donnerstagabend verbreiteten Erklärung der Bundesregierung heißt es weiter, Berlin werde sich bei den europäischen Partnern dafür einsetzen, dass gemeinsam produzierte Rüstungsgüter nicht im Jemen-Krieg zum Einsatz kommen. Den Unternehmen wird zur Auflage gemacht, gegenüber europäischen Vertragspartnern darauf zu bestehen, dass bis Ende des Jahres keine "endmontierten Rüstungsgüter" an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert werden.

Unklar blieb, was geschieht, wenn es keine solche Zusagen etwa von Frankreich oder Großbritannien gibt.

Deutschland hatte im Oktober 2018 nach der Ermordung des kritischen Journalisten Jamal Khashoggi einen Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien verhängt. Die Bundesregierung verlangte eine umfassende Klärung des gewaltsamen Todes Khashoggis in der saudi-arabischen Botschaft in der Türkei.

Linke: Bevölkerung werde getäuscht

In den vergangenen Wochen wurde in der großen Koalition um diesen Stopp gerungen. Die Union verwies auf gemeinsame Rüstungsprojekte deutscher Unternehmen mit denen anderer europäischer Länder. Die SPD wollte am Exportstopp festhalten.

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sevim Dagdelen, kritisierte den Regierungsbeschluss scharf. Die Bevölkerung werde getäuscht, sagte sie. Zwar bleibe die Lieferung von deutschen Booten und Lastwagen ausgesetzt. Doch werde durch die Entscheidung der Regierung die Fertigstellung von Tornados und Eurofightern für Saudi-Arabien und die Vereinigten Emirate unterstützt.

Die Ausfuhr der Flugzeuge werde faktisch freigegeben, da die Bundesregierung die Entscheidung in die Hände von Großbritannien und Frankreich lege, sagte Dagdelen. Beide Länder hätten eine Auslieferung bereits angekündigt.

Amnesty: Vereinbarung "bestenfalls blauäugig"

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock erklärte, es sei "absolut inakzeptabel", dass weiter deutsche und europäische Rüstungsgüter im Jemen-Krieg landen könnten. Sie sagte dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstag): "Notwendig wäre ein kompletter Rüstungsexportstopp an Saudi-Arabien. Die Hintertür, die die Bundesregierung bei den Gemeinschaftsprojekten eingebaut hat, steht sperrangelweit offen."

Amnesty International Deutschland bezeichnete die Vereinbarung als "bestenfalls blauäugig". "Großbritannien und Frankreich werden sich kaum darauf einlassen, Exporte an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zurückzuhalten, wenn deutsche Zulieferungen erst mal erfolgt sind", erklärte die Organisation. Amnesty zufolge sind es vor allem Waffen aus solchen Gemeinschaftsprojekten, die von der Militärkoalition im Jemen-Krieg eingesetzt werden. Dazu zählten unter anderem Kampfflugzeuge vom Typ Eurofighter, die von Großbritannien an die saudische Luftwaffe geliefert würden und in denen deutsche Komponenten verbaut seien.

Die Hilfsorganisationen Care, Oxfam und Safe the Children erklärten, die Bilanz von vier Jahren Krieg im Jemen belaufe sich auf 20.000 Luftangriffe, fast 70.000 Tote, vier Millionen Vertriebene und eine drohende Hungersnot. Die Bundesregierung müsse sich bei den europäischen Partnern dafür einsetzen, dem deutschen Beispiel zu folgen.

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