Die türkische Autorin Asli Erdogan (Archivbild)
epd-bild/Heike Lyding
Die türkische Autorin Asli Erdogan ist in der Türkei wegen angeblicher Propaganda für eine terroristische Vereinigung angeklagt, ihr droht lebenslange Haft. Seit Oktober 2017 lebt sie in Frankfurt im Exil.
27.03.2019

Die türkische Schriftstellerin Asli Erdogan wirft der Regierung ihres Heimatlandes unmenschliches Vorgehen gegen Kritiker vor. "Vielleicht ist nun wirklich die Zeit gekommen, das Wort Faschismus zu benutzen", sagte die 52-jährige Autorin und Journalistin am Dienstagabend in Frankfurt am Main anlässlich der Veröffentlichung der deutschen Übersetzung ihres Romans "Das Haus aus Stein".

"Ich dachte erst, dass sie bluffen. Aber sie verurteilen wirklich", sagte Erdogan mit Blick auf den Schriftsteller Ahmet Altan, der derzeit eine lebenslange Haftstrafe absitzt. Zugleich betonte sie: "Journalisten und Schriftsteller sind noch am glücklichsten, über sie wird berichtet. Sie haben Öffentlichkeit." Aber nicht nur Literaturschaffende seien bedroht, auch andere Berufsgruppen wie Ärzte oder Anwälte würden verfolgt. Im Gefängnis säßen auch viele Schüler und Studenten, über die niemand berichte.

Gefangenschaft, Folter und der Verlust aller Sicherheiten

Erdogan saß nach dem gescheiterten Militärputsch 2016 beinahe ein halbes Jahr lang im Gefängnis. Die Autorin ist in der Türkei wegen angeblicher Propaganda für eine terroristische Vereinigung angeklagt, ihr droht lebenslange Haft. Seit Oktober 2017 lebt sie in Frankfurt im Exil.

Ihr Roman "Das Haus aus Stein" ist in der Türkei bereits 2009 erschienen. Darin geht es um Gefangenschaft, Folter und den Verlust aller Sicherheiten. Vergangene Woche erschien die deutsche Übersetzung im Münchner Penguin Verlag. Für die deutsche Ausgabe hat Erdogan einen Essay über ihre eigene Haftzeit ergänzt.

Der türkischen Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdogan warf die Schriftstellerin vor, Sippenhaft anzuwenden: "Das Prinzip, wonach eine Straftat etwas persönliches ist, gilt in der Türkei nicht mehr." So seien nach dem Putsch häufig nicht nur die Pässe der Angeklagten, sondern auch von deren Verwandten beschlagnahmt worden.

Solidarität mit den Kurden

Grund für ihre eigene Verhaftung war laut Erdogan ihre Solidarität mit den Kurden. Sie hatte in der pro-kurdischen Zeitung "Özgür Gündem" einen Artikel über das Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte in der Stadt Cizre im Südosten des Landes veröffentlicht. Dort waren Anfang 2016 bei Operationen gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK mehrere Zivilisten getötet worden. "Die Türkei hat in Cizre große Schuld auf sich geladen", betonte Erdogan.

Die studierte Physikerin schrieb seit 2011 für die prokurdische Tageszeitung "Özgür Gündem", für die sie auch als Mitglied des beratenden Gremiums tätig war. Am 17. August 2016 wurde sie verhaftet, etwa einen Monat nach dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli. Der Prozess gegen sie begann Ende Dezember 2016. In dem Monat unmittelbar nach dem Putschversuch waren in der Türkei 35.000 Menschen verhaftet und 130 Zeitungen und Medienanstalten verboten worden.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.