Aktion zur Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz (Archivbild)
epd-bild / Rolf Zöllner
Unter schlechten politischen Entscheidungen leiden langfristig vor allem Kinder und Jugendliche. Mitreden dürfen sie trotzdem nur selten - zu selten, wenn es nach dem Deutschen Kinderhilfswerk geht. Ein niedrigeres Wahlalter könnte Abhilfe schaffen.
13.03.2019

Junge Menschen dürfen einer Studie des Deutschen Kinderhilfswerkes zufolge zu wenige Entscheidungen in Schulen und der Politik treffen. "Kinder und Jugendliche verfolgen politische Entwicklungen sehr aufmerksam", sagte Thomas Krüger, Präsident des Hilfswerkes, bei der Vorstellung der Untersuchung am Mittwoch in Berlin. Deutlich werde dies zum Beispiel an den Schulstreiks für mehr Klimaschutz. Trotzdem werde der Partizipation von Heranwachsenden nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

"Die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen in Deutschland sind ein Flickenteppich und entsprechen nicht durchgängig den Standards, die nötig und möglich sind", kritisierte Krüger. Damit liege ein schwerwiegender Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention vor. "Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an sie betreffenden Entscheidungen muss endlich zu einer Selbstverständlichkeit werden", unterstrich er.

"Kinderstuben der Demokratie"

Für die Studie verglich das Hilfswerk die gesetzlich verankerten Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen wie etwa die Höhe des Wahlalters in den Bundesländern: In vier Bundesländern dürfen demnach Jugendliche bereits ab 16 Jahren an Landtagswahlen teilnehmen. Auf kommunaler Ebene hätten inzwischen elf Bundesländer das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt. In den vergangenen Jahren hätten zudem alle Länder bis auf Hamburg Kinderrechte in ihren Landesverfassungen verankert.

Auch in den Schulen und Kindergärten würden Kinder und Jugendliche je nach Bundesland unterschiedlich in Entscheidungen einbezogen. So könnten Kinder nur in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein bereits in der ersten Klasse Klassensprecher wählen. In den anderen Ländern sei dies für die dritte, vierte oder fünfte Klasse festgelegt. Die Teilnahme von Schülern an der Lehrer- und der Schulkonferenz sei ebenfalls je nach Bundesland anders geregelt.

In 13 Ländern müssen Kinder der Studie zufolge bereits in der Kita angemessen beteiligt werden. Dazu gehört laut Krüger zum Beispiel ein Mitspracherecht beim Essen oder den Aktivitäten. Kindertagesstätten sollten nicht nur Betreuungsstätten, sondern "Kinderstuben der Demokratie" sein, betonte er. Wenn Kinder an Entscheidungen beteiligt werden, erlernten sie soziales Verhandeln und machten so erste Erfahrungen mit demokratischen Prozessen im Alltag. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich diese Kinder auch im Erwachsenenalter politisch engagieren, sei dann größer.

Mehr Rechte und Möglichkeiten zur Beteiligung

Um Kindern und Jugendlichen mehr Rechte und Möglichkeiten zur Beteiligung zu bieten, fordert das Kinderhilfswerk, das Wahlalter für Kommunal- und Landtagswahlen schrittweise auf 14 Jahre zu senken. Bei Wahlen auf Bundesebene sollten laut Krüger auch 16-Jährige an die Urnen gebeten werden. Dies sei eine logische Konsequenz aus der aktuellen demografischen Entwicklung: Die Interessen der wachsenden älteren Bevölkerung würden vertreten, die der Kinder und Jugendliche hingegen nicht. Dabei seien Heranwachsende von aktuellen politischen Entscheidungen am längsten betroffen.

Nach Angaben des Hilfswerkes sollten zudem Kinderbeauftragte sowie Kinder- und Jugendparlamente stärker als bislang unterstützt und Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden. Insbesondere die Ministerpräsidenten müssten das Thema Beteiligungsrechte verstärkt auf die Agenda setzen.

Das Deutsche Kinderhilfswerk setzt sich seit mehr als 45 Jahren für ein kinderfreundliches Deutschland ein. Der gemeinnützige Verein finanziert sich nach eigenen Angaben überwiegend aus privaten Spenden.

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