Kardinal Reinhard Marx (Archivbild)
epd-bild/Friedrich Stark
Die deutschen katholischen Bischöfe wollen am Ende ihrer Frühjahrs-Vollversammlung ein neues Konzept für den Umgang mit Missbrauchsfällen in der Kirche präsentieren.
11.03.2019

Darin würden einheitliche Vorgaben für die Entschädigung und die Anerkennung des Leids gemacht, kündigte Kardinal Reinhard Marx am Montag im niedersächsischen Lingen zum Auftakt der bundesweiten Versammlung an.

Zudem müssten noch mehr Anlaufstellen für Opfer geschaffen werden, sagte Marx als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Er werde außerdem mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, zusammenarbeiten. Auch mit Betroffenen und Opfern werde es Gespräche über die bestehenden Verbände hinaus geben, sagte Marx. Die noch bis Donnerstag andauernde Vollversammlung aller Bischöfe sei dafür aber nicht der richtige Ort.

Marx kündigte an, die katholische Kirche in Deutschland müsse in allen Fragen, die den Missbrauch beträfen, "zügig vorangehen und nicht darauf warten, was in anderen Teilen der Weltkirche passiert". Er wolle versuchen, dafür auf der Versammlung eine große Gemeinschaft zu stiften - auch wenn die Bischöfe "nicht immer einer Meinung sein werden". Er mahnte jedoch auch zu Geduld. Für viele sei es ein schmerzhafter Lernprozess, bei dem sie sich von langjährigen Vorstellungen verabschieden müssten.

Rolle der Frau stärken

Nach der im September veröffentlichten Missbrauchsstudie, die von den deutschen Bischöfen beauftragt wurde, wurden zwischen 1946 und 2014 insgesamt 3.677 Kinder und Jugendliche Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche. Es fanden sich Hinweise auf 1.670 beschuldigte Kleriker.

Im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen würden die Bischöfe auch die "systemischen Gefährdungen" der Kirche offen diskutieren, kündigte Marx an. Dazu gehörten die Sexualmoral, der Umgang mit Macht in der Kirche sowie die Lebensform und die Ausbildung von Priestern. Beim Thema Zölibat werde es keine einfache Antwort geben. Es werde nicht nur um ein Pro und Contra gehen, sondern auch darum, wie die Ausbildung in den Priesterseminaren verbessert werden könne.

Neben dem sexuellen Missbrauch stehen laut Marx auch die Situation von Frauen in Leitungspositionen sowie Beratungen über die Europawahl und den zunehmenden Populismus auf der Tagesordnung. Um Frauen in Führungspositionen innerhalb der katholischen Kirche zu bringen, brauche es eine spezielle Förderung, sagte Marx: "Das geht nicht einfach von selbst." Die Erfahrungen aus anderen Bereichen lehrten, "dass die Zusammenarbeit von Frauen und Männern einer Sache gut tut". Auch die Frage, ob Frauen künftig zu Diakoninnen geweiht werden könnten, werde in Lingen zur Sprache kommen.

Reformen angemahnt

Vor der Frühjahrs-Vollversammlung hatten Laienorganisationen, katholische Frauenverbände und wissenschaftliche Theologen grundlegende Reformen in der Kirche angemahnt. Sie forderten unter anderem die Aufhebung des Pflichtzölibats, die Anerkennung von Homosexualität und die Öffnung von Weiheämtern für Frauen. Eine Abordnung von rund 100 katholischen Frauen wollte am Abend mit einem Schweigemarsch zur Bonifatiuskirche in Lingen ihre Forderungen unterstreichen. In der Kirche sollte der Eröffnungsgottesdienst der Versammlung der Bischöfe stattfinden.

Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller Bistümer in Deutschland. Derzeit gehören ihr 67 Mitglieder aus den 27 Diözesen an. Oberstes Gremium der Deutschen Bischofskonferenz ist die Vollversammlung aller Bischöfe, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst für mehrere Tage zusammentritt.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.