Der Erzbischof von Lyon, Philippe Barbarin, ist wegen Vertuschung von sexuellem Missbrauch zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.
07.03.2019

Ein Gericht in Lyon sprach den ranghöchsten französischen Kardinal am Donnerstag schuldig, den sexuellen Missbrauch eines Minderjährigen durch den Priester Bernard Preynat zwischen 2014 und 2015 nicht zur Anzeige gebracht zu haben, wie das Internetportal "Vaticannews" berichtete. Die Verteidigung kündigte an, in Berufung zu gehen.

Barbarin, der weiterhin seine Unschuld beteuert, ist der dritte französische Bischof, der im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen verurteilt wird. Der 68-Jährige kündigte nach dem Richterspruch seinen Rücktritt an. Der Papst werde ihn in ein paar Tagen in Rom empfangen, erklärte Barbarin in Lyon. "Ich nehme das Urteil zur Kenntnis", sagte der Kardinal und bekundete "unabhängig von seinem persönlichen Schicksal" sein "Mitgefühl für die Opfer und ihre Familien".

Urteil in Abwesenheit

Das Urteil gegen den Kardinal wurde in dessen Abwesenheit ausgesprochen. Die Präsidentin des Landgerichtes von Lyon, Brigitte Verney, erklärte Barbarin für "schuldig, Misshandlungen gegen einen Minderjährigen zwischen 2014 und 2015 nicht angezeigt zu haben". Die Staatsanwaltschaft hatte keine Verurteilung gefordert, unter anderem, weil ein Teil der Tatbestände verjährt sei.

Der Priester Preynat soll bereits in den 70er und 80 Jahren mehr als 70 jugendliche Pfadfinder missbraucht haben. Das Verfahren in diesen Fällen wurde aber eingestellt. Missbrauchsopfer hatten dem Kardinal vorgeworfen, disziplinarische Verfahren gegen den Geistlichen verzögert zu haben. Der Priester war zwar versetzt worden, blieb aber bis 2015 im Amt.

Viertägiger Prozess

Der Kardinal, der viele Jahre nach dem Missbrauch nach Lyon gekommen war, hat stets bestritten, Missbrauchsfälle gedeckt zu haben. Während des viertägigen Prozesses gegen Barbarin im Januar vor dem Lyoner Gericht schilderten die Opfer detailgetreu ihr Leid.

Die Verurteilung des Kardinals löste Überraschung aus, denn es war mit einem Freispruch gerechnet worden. Als "außergewöhnlich" bezeichnete Christoph Henning vom katholischen Magazin "Pélérin" das Urteil. Es zeige eine klare Logik in dem von Papst Franziskus begonnenen Kampf gegen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in der katholischen Kirche: "Schweigen ist künftig verboten", sagte der Journalist im französischen Infokanal BFM TV.

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